Die Düsseldorfer Brauerei „Im Füchschen“ braut seit 1848 Altbier. Nur Altbier. Das Füchschen Alt eben: traditionelles Rezept, offene Gärung, alles so wie immer schon, 169 Jahre lang. Und dann, 2017, kommt plötzlich und mit einem lauten Knall das Füchschen Pils. Ein Pils! Warum? Frank Driewer, langjähriger Braumeister im Füchschen, und sein Stellvertreter Michael Ruf haben es uns bei einer Tasse Kaffee erklärt.
Altbier ist ein über 300 Jahre alter Bierstil, der eigentlich aus dem Münsterland kommt. Hier, Im Füchschen in der Ratinger Straße in Düsseldorf, braut Familie Peter König in der 4ten Generation Altbier. Der Name „Im Füchschen“ stammt noch aus der Zeit, als es in der Ratigner Straße noch keine Hausnummern gab. So haben die Häuser Tiernamen zur Unterscheidung bekommen. Und die Brauerei war eben das Füchschen.
Seit 1848 nur Altbier und nahezu durchgehend – nur im Zweiten Weltkrieg wurde die Brauerei zerstört und musste den Betrieb übergangsweise einstellen. In den 50er Jahren ging es weiter, erstmal mit einem gebrauchten Sudhaus von Kaspar Schulz. Später in den 90ern erlebt „Im Füchschen“ einen großen Aufschwung durch die Übernahme von Peter König jun. und seinem Braumeister Frank Driewer.
Über die letzen Jahr hinweg haben sie die Brauerei größtenteils saniert. Platz, Energieeffizienz und Geräuschkulisse sind, wo oft bei alten, innerstädtisch gelegene Brauereien, die größten Herausforderungen. Ganz abgeschlossen sind die Umbauten im Moment immer noch nicht, aber Raum für Neues war geschaffen. Peter König jun. fing also mit dem Markenauftritt rund um das Füchschen an – und kam im Sommer letzten Jahres schließlich dann soweit, dass er beschloss, an den Grundfesten zu rütteln: Seine Altbierbrauerei sollte nicht länger nur Altbier brauen. Warum eigentlich nicht auch mal ein Pils?
Der Mann, der seitdem nun das Füchschen Pils braut, ist Frank Driewer. Mit ihm sprachen wir über Alt(es) und neue Biere:
Frank Driewer, was macht das Altbier so besonders?
Seine Vielfalt innerhalb des Bierstils. Von kupferfarben bis fast Coca-Cola-dunkel kann man durch die Arbeit mit Spezial- und Röstmalzen eigentlich alles schaffen. Das Spannende dabei ist, das nötige Fingerspitzengefühl für die verschiedenen Malze zu bekommen. Die bis zu 37 Bittereinheiten, die ein Altbier haben kann, schmeckt man nicht unbedingt. Malze sind also auch sehr geschmacksbeeinflussend.
Trotz dieser Vielfalt ist Altbier aber doch eine nischige Angelegenheit.
Je weiter man aus Düsseldorf und dem Niederrheingebiet rausgeht, desto weniger wird Alt getrunken. Der Altbiertrinker ist da seinen lokalen Hausbrauereien treu.
Haben da andere Sorten beim Altbirtrinker überhaupt eine Chance?
Geschmäcker sind sehr regional und sehr unterschiedlich – andere Biersorten werden in und um Düsseldorf herum viel weniger getrunken. Leider ist die generelle Freude der Kunden am Altbier-Trinken über die Jahre aber stark zurückgegangen. Als ich meine Lehre gemacht habe, wurden 4 Mio. Hektoliter Alt im Jahr getrunken, heute sind es noch 800.000 Hektoliter pro Jahr. Wir beide allerdings trinken eigentlich nur eigene Biere oder aus den umliegenden Hausbrauereien. Das letzte Mal vielleicht im Stadion ein Frankeheim, aber das gehört ja auch schon zur Warsteiner-Gruppe, genauso wie Diebels zu AB InBev gehörte, mittlerweile allerdings nochmal weiterverkauft wurde. Deshalb sind viele vermeintlich lokale Biere auch einfach schlechter geworden. Die Qualität der Hausbrauereien dagegen bleibt weitgehend gleich.
Wie unterscheiden sich die Düsseldorfer Altbiere? Und warum hat jeder Altbiertrinker seine eigene Lieblingsbrauerei? Unterscheiden sich die Biere tatsächlich so stark?
Jede Hausbrauerei hat so ihre eigene Philosophie, wie das Altbier zu sein hat und dadurch auch eine eigene Brauart. Uerige arbeitet nach wie vor nur mit Doldenhopfen für Bittere und Aroma. Schumacher, arbeitet noch immer mit einem Kühlschiff und eigenem Malz-Rezept. Kürzer dagegen macht ein sehr malzbetontes und süffiges Alt. Man schmeckt also durchaus raus, dass jedes Bier anders ist.
Unser Altbier zum Beispiel ist relativ schlank, nur mit Hallertauer Aromahopfen gebraut und für die Farbe sind unser Röstmalz und das Malz Cara Hell verantwortlich. Es ist nicht zu stark vom Alkoholgehalt und der Stammwürze her und lädt auf jeden Fall zum Weitertrinken ein. Wir machen eigentlich auch seit jeher alles gleich. Den Hopfen haben wir ein bisschen geändert. Der Saazer Hopfen gab nichts mehr her.
Seit Sommer 2017 gibt es ja nun aber auch ein Füchschen Pils. Wie wurde das von euren Altbierkunden aufgenommen?
Viele haben die Nase gerümpft und sozusagen auf das Pils gespuckt. Für mich ist das irgendwie unverständlich, aber der Düsseldorfer lässt halt nichts auf sein Alt kommen. Ich glaube nur die Kölner sind noch ein bisschen verrückter mit ihrem Kölsch.
Wer kam auf die Idee, ein Pils mit ins Sortiment zu nehmen?
Durch unsere Brauerei-Renovierung hatten wir mehr Platz und Kapazität im Keller, um noch was anderes zu machen. Und uns war auch einfach langweilig, nur Alt zu brauen. Bis jetzt war immer unser Weihnachtsbier ein jährliches Highlight – da konnten wir uns austoben, z.B. mit einem Scotchbier oder so. Die Idee war auch ein Bernstein oder dunkles Weizen zu machen, das wurde aber nix. Wir haben eigentlich gedacht, wir können obergärig, aber geschmeckt hat‘s nicht.
Und dann haben wir uns gefragt, können wir eigentlich untergärig? Da haben wir es mal ausprobiert und das hat gut geklappt. Peter König fand unser Pils überraschenderweise so gut und hat kurzfristig beschlossen das zu produzieren. Deswegen gibt es jetzt ein Füchschen-Pils. Und wir wollten auch einfach mal die Rohstoffe kennenlernen und die Grenzen auszuloten. Das Pils hat circa 40 Bittereinheiten und ist leicht dunkler als ein herkömmliches Pils und mit dem harten Düsseldorfer Wasser gebraut.
Fanden das alle Mitarbeiter gleich gut?
Naja, wie das halt immer so ist. Es gibt einige, die machen nur ihren Job und andere, die mit mehr Leidenschaft dabei sind. Aber selbst die, die nur ihren Job machen, fanden das Pils-Projekt spannend. Am Anfang waren nur wir Braumeister eingeweiht, weil wir mit der Braueule im 20l-Maßtsab getestet haben. Pils-Gegner gibt es im Team jedenfalls keine.
Und läuft das Pils gut an?
Bis jetzt waren wir immer verwöhnt – die Kunden sind zu uns gekommen und wollten unser Bier haben. Das war also wie bei Luxusautos: aktiver Vertrieb war quasi nicht nötig. Auch unser Weihnachtsbier ist immer schnell ausverkauft. Aber unsere Kunden kommen einfach nicht auf die Idee ein Pils zu trinken, dabei schmeckt es ihnen in 9 von 10 Fällen. Also müssen wir sie darauf aufmerksam machen. Ein Problem ist hier auch die Gastronomie. Ein Bier in der Düsseldorfer Kneipe ist automatische ein Alt, da fragt keiner ob man ein Pils will. Natürlich gab es erstmal einen Aufschrei, dass die Düsseldorfer jetzt Pils machen.
Werden noch andere Biersorten folgen?
Vielleicht doch noch ein Weizen irgendwann, wir geben das nicht auf! Die Brauversuche liefen ja nicht so optimal, das werden wir auf jeden Fall nochmal aufgreifen.
Gibt es denn auch ein gutes Altbier, das nicht aus Düsseldorf kommt?
Die Altbiere oder auch das Kölsch in den USA sind leider relativ extrem. Das hat nicht mehr viel mit eigentlichen, traditionellen Bierstil zu tun wie man ihn hier kennt. Das beste Altbier kommt sowieso nicht aus Deutschland sondern aus Japan. Der European Beer Star 2017 sagt das zumindest so. Naja, und die Brauerei Pinkus aus Münster macht ein helles Altbier – das ist wirklich gut und auch schon Kult.
Und noch kurz und knapp zum Schluss: Wie hat es das Füchschen-Alt bis heute geschafft, beliebt zu bleiben und wieso wird das immer so sein?
Weil wir den Spagat zwischen den Generationen ganz gut hinkriegen. Die Besucher in unserem Brauhaus sind zwischen 18 und 80 Jahre alt – Das entsteht durch unser Traditionsbier und ein gleichzeitig verjüngtes Image.
Offenlegung: Brauereibesuch/Interview fanden im Zuge der #NRW-Bierreise statt, ermöglicht durch NRW Tourismus im Rahmen des Projektes #deinNRW.
(Aufmacherfoto: Die beiden Braumeister mit ihrem Brauereiteam. (Foto: CO))