KEPTINIS

Thomas Bassen

Keptinis ist ein Bier für dich, wenn du…

  • auf Raw Ales und Farmhouse Ales stehst
  • Aromen von Stroh, Erde und Honig magst
  • schon immer mal ein gebackenes Bier probieren wolltest
  • alte Traditionen und Brauprozesse schätzt
  • entweder reiselustig oder passionierter (Hobby-)Brauer bist

Hier kommt mal ein Bierstil, den selbst die größten Biernerds mehrheitlich noch nicht kennen dürften. „Keptinis“ ist Litauisch und bedeutet soviel wie „gebacken“. Und genau darum geht es, um gebackenes Bier. Also, natürlich wird nicht das ganze Bier gebacken, aber ein Teil, nämlich das Malz. Das Keptinis ist ein sehr alter litauischer Bierstil, den Brauer nur noch sehr selten brauen. Aber wenn, dann nach alter, extrem aufwändiger Methode. Man könnte auch von einer Art Litauischem Brotbier sprechen.

Wann zum ersten Mal ein Keptinis gebraut wurde, ist ungewiss. Genauso die genaue Rezeptur des Keptinis. Da hatte früher jede Familie ihr eigenes Geheimnis und es über die Generationen nur mündlich weitergegeben. Was allerdings klar ist, sind die einzelnen Schritte des Brauprozesses.

Herstellung von Keptinis

Um ein anständiges Keptinis zu brauen, maischt der Brauer zunächst helles Malz mit eher wenig Wasser ein, meist nach dem Dreimaischverfahren. Einige der Brauer – aufgepasst deutsche Brauer, hier gibt es noch was zu lernen! – entscheiden dabei noch immer per Fingerprobe, wann eine Rast abgeschlossen ist.

Nach dem Maischen läutert der Brauer nun nicht ab, stattdessen füllt er den Malzbrei in Kästen oder Backformen und formt daraus einer Art Brotlaibe. Die kommen dann zum Backen in den Ofen. Beim Backen karamellisiert das Malz und Maillard-Reaktionen werden in Gang gesetzt. Da die Maische nach dem Backen hauptsächlich Zucker und nicht mehr nur Stärke enthält, entsteht ein ganz spezielles Aromenprofil, das ganz anders ist, als bei einem bei hohen Temperaturen getrocknetem Malz, wie es normalerweise für dunkle Bierstile eingesetzt wird. Das Backen des Malzes ist es auch, das maßgeblich den besonderen Geschmack des Keptinis erwirkt.

Dauer und die genauen Temperaturen beim Backen variieren dabei von Brauer zu Brauer. Sie reichen von 180 °C für etwa 30 Minuten bis hin zu einer Temperatur von 350 °C bis 400 °C zu Beginn des Backens, die dann während einer dreistündigen Backzeit langsam abnimmt, weil kein Holz mehr nachgelegt wird.

Bierbrot + Hopfentee = Keptinis

Nach dem Backen bricht der Brauer das verkrustete Malz mit einem Löffel auf und füllt es in einen Läuterbottich, dessen Boden mit Roggenstroh ausgelegt ist. Früher hat man ausschließlich  Bottiche aus  Holz verwendet,  heute  kommen auch ihre Nachfolger aus Edelstahl zum Einsatz. Nun gießt der Brauer heißes Wasser auf, das nach einer kurzen Stehzeit durch das Stroh läuft. So gelangen die im Stroh enthaltenen Mikroorganismen ebenfalls in das Bier und Tragen dort zum besonderen Geschmacksprofil des Keptinis bei.

Die so entstandene Bierwürze wird nicht gekocht. Stattdessen macht der Brauer eine Art Hopfentee, den er dann der Würze  zugeführt. Wie viel und welcher Hopfen ins Keptinis kommt, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Normalerweise setzt man auf Bitterhopfen mit ordentlich Alphasäure, da diese desinfizierend wirkt und das Bier länger haltbar macht. Wer auch die Aromastoffe aus dem Hopfen herauslösen möchte, weicht einen Teil des Hopfens in kaltem Wasser ein. Einige Brauer geben ihrem Keptinis auch noch eine Spur Honig bei.

Das Geheimnis des geheimnisvollen Bieres: die Hefe

Als ob das alles nicht schon ungewöhnlich genug wäre, wird die ungekochte Würze meist mit einer ganz eigenen Hefe vergoren, die sich seit Generationen in Familienbesitz befindet. Um welche Hefen es sich dabei genau handelt, ist nicht weiter bekannt. Es sind obergärige Hefen, die oft noch bei Temperaturen von bis zu 30 °C vergären.

Zum Schluss heißt es gut zwei Wochen warten, ab und an mal zwickeln und dann ist es fertig, das Keptinis. Am Ende dieses ungewöhnlichen Brauprozesses hast du ein einzigartiges und wunderbar ausgeglichenes,  wenngleich extrem komplexes Raw Ale, mit Noten von Banane und Erde, Roggen und Honig und einem Alkoholgehalt von etwa 5% in der Hand. Allerdings kann der Geschmack der verschiedenen Keptinis stark voneinander abweichen, je nachdem, unter welchen Bedingungen das Bier gebraut und gelagert wurde.

Beispiele für Keptinis:

Litauen: Keptinis von Ramūnas Čižas: Das einzige dauerhaft kommerziell in Litauen vertriebene Keptinis.

Deutschland: Die einzige Brauerei, die hierzulande mal ein Keptinis gebraut hat, ist die Schlossbrauerei Hundisburg.

Wer mehr Keptinis probieren möchte, muss also vorerst entweder selber brauen oder aber nach Litauen reisen und sich dort auf die Suche begeben. (Weitere Infos und Tipps dazu auf Thomas Blog MojitoPapers.de.)


>> weitere ungewöhnliche Bierstile im Portrait: KVEIK und GRODZISKIE (Grätzer)