Bierland Österreich Foto: Martin Rolshausen

Ärger für Heineken in Österreich

Martin Rolshausen

„Wettbewerbsbeschränkende Alleinbezugsverpflichtungen, Markenzwang und Kopplungsbindungen, Markt- und Kundengruppenaufteilungen, der Austausch strategischer Daten mit Wettbewerbern sowie ein wettbewerbsbeschränkender Behinderungsmissbrauch“ – die Liste der verbotenen Dinge, die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gerade dem größten Braukonzern des Landes um die Ohren hat, ist lang. Sie hat heute (18. Juni) mitgeteilt, dass sie einen „Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße und Abstellung von Zuwiderhandlungen wegen Verstößen gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot gegen die Brau Union“ gestellt hat.

Viele Marken, aber 100 % Heineken

Die Brau Union ist das größte Brauereiunternehmen Österreichs und gehört zu 100 % der Heineken Gruppe. Zu den Marken der Brau Union gehören Kaiser, Schladminger, Reininghaus, Villacher, Fohrenburger, Gösser, Schwechater, Edelweiss, Schlossgold, Puntigamer, Zipfer und Wieselburger. Auch wenn die BWB ausdrücklich betont, dass dem „Unternehmen Heineken International B.V. keine eigene Beteiligung an den Verstößen vorgeworfen“ wird und sich die Anträge auf Abstellung noch andauernder Zuwiderhandlungen „ausschließlich gegen die Brau Union“ richten, dürfte man in der niederländischen Heineken-Zentrale nicht amüsiert sein.

Der Verein der unabhängigen Privatbrauereien Österreichs warnt bereits seit einiger Zeit vor der Marktmacht der Brau Union. „Bereits 6 von 10 Bieren, die in Österreich getrunken werden, stammen von internationalen Großkonzernen“, sagt der Verein. Das sei nicht gut. Vor allem die Brau Union sieht der Verein als Gegner. Zwar drängt auch der Anheuser-Busch InBev-Konzern mit Hauptsitz im belgischen Leuven mit seinen Marken Stella Artois, Leffe, Hoegaarden, Beck’s, Spaten, Löwenbräu, Franziskaner und dem amerikanischen Budweiser in den österreichischen Markt, Platzhirsch ist aber die Brau Union. Deren Management selbst spricht von „mehr als 50 % Marktanteil“ und einem Bierabsatz von über 5 Millionen Hektolitern in Österreich.

Schwere Vorwürfe gegen die Brau Union


Die Wettbewerbsbehörde bestätigt nun die schlimmsten Befürchtungen. Sie spricht von „Ausschließlichkeitsverpflichtungen, Rabattierungen und Beendigung der Geschäftsbeziehung“. So soll die Brau Union „die Wettbewerbsmöglichkeiten dritter Unternehmer (aktuelle oder potentielle Wettbewerber) vom marktbeherrschenden Unternehmen wesentlich beeinträchtigt“ haben. Außerdem spricht die Behörde von „Alleinbezugsverpflichtungen“. Darunter sind „grundsätzlich Vereinbarungen zu verstehen, die den Abnehmer dazu verpflichten mehr als 80 % seiner Vertragsprodukte vom Vertragspartner zu beziehen“, teilt die BWB mit und erklärt: „Dies führt dazu, dass Abnehmer eingeschränkt werden, konkurrierende Produkte zu kaufen.“

Markenzwang

Ein weiterer Vorwurf: Markenzwang. Darunter sei „zu verstehen, wenn ein Anbieter seine Abnehmer dazu verpflichtet keine Produkte von anderen Wettbewerbern im Sortiment zu führen“. Das bedeutet: „Markenzwang kann dazu führen, dass konkurrierende Produkte keinen Zutritt zum relevanten Markt erhalten.“ Durch „Kopplungsbindung“ seien Händler dazu verpflichtet worden, „auch andere Produkte aus dem Sortiment des Anbieters zu beziehen“. Darin sieht die Behörde ein Problem, denn: „Die Abnehmer können dadurch in ihrer wirtschaftlichen Freiheit beschränkt werden, da der Anbieter seine Stärke am Markt ausnützt, um den Absatz seiner weniger begehrten Produkte zu fördern.“

Verringerung des markeninternen Wettbewerbs

Die „Markt- und Kundengruppenaufteilungen“ habe die Brau Union „teilweise bereits abgestellt“, teilt die Behörde mit. „Bei Markt- und Kundengruppenaufteilungen vereinbaren Unternehmen, dass diese in bestimmten Gebieten oder bei bestimmten Kundengruppen nicht zueinander in den Wettbewerb treten. Dabei kann es unter anderem zu einer Verringerung des markeninternen Wettbewerbs kommen“, erklärt sie.

Behörde fordert hohe Geldstrafe

Aus Sicht der BWB „bezwecken die genannten Zuwiderhandlungen, die Absatzmöglichkeiten und den Markteintritt von konkurrierenden Bierherstellern zu beschränken, sowie bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen“. Deshalb will die Behörde die Praktiken der Brau Union nicht nur beenden, sondern beantragt beim Kartellgericht eine „angemessenen Geldbuße“. Das Kartellgericht kann bei einem Verstoß gegen das Kartellgesetz Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmenskonzerns verhängen.

Ermittlungen und Hausdurchsuchung

Ab Oktober 2021 seien „vermehrt anonyme Beschwerden zum Verhalten von Brau Union“ eingegangenen, teilt die Bundeswettbewerbsbehörde mit. Im April 2022 wurde auf Antrag der BWB eine durch das Kartellgericht angeordnete Hausdurchsuchung bei der Brau Union durchgeführt. Die Brau Union legte Widerspruch ein. Aber: „Die Vorgehensweise der BWB bei der Hausdurchsuchung wurde vom Kartellgericht bestätigt.“ Weiter heißt es in der BWB-Mitteilung: „Neben der Auswertung des sichergestellten Datenmaterials wurden auch umfangreiche Auskunftsverlangen an die Marktteilnehmer verschickt und Zeugen einvernommen. Im Dezember 2023 wurde die Brau Union im Rahmen einer Mitteilung der Beschwerdepunkte mit den gegen sie im Raum stehenden kartellrechtlichen Vorwürfen konfrontiert und die Möglichkeit zur Stellungnahme im Sinne des rechtlichen Gehörs eingeräumt.“ Nun ist das Gericht am Zug.

(Zu den Fotos: Das Bild oben zeigt Werbung des österreichischen Brauereiverbands/Foto: Martin Rolshausen – das zweite Foto zeigt ein Shirt des Vereins der unabhängigen Privatbrauereien Österreichs.)

(18. Juni 2024)