Andreas Bogk Bier

BOGK-BIER: Hauptsache, die Berliner Weisse lebt

Franziska BlendinIm Gespräch

Der Berliner Andreas Bogk hat der deutschen Craft Beer Bewegung mit seinem Bogk-Bier und einem ausführlichen Heimbrau-Podcast ganz entscheidende Impulse gegeben. Das ist schon einige Zeit her. Und was macht er jetzt? Wir haben nachgefragt.

Die Geschichte von Andreas Bogk ist schon fast so etwas wie eine Craft Beer Legende.
Eine deutsche Craft Beer Legende:
2010 ist der IT-Fachmann auf einem Hacker-Kongress in Belgien und kommt zum ersten mal mit anderen, besseren, vielfältigeren und auch sauren Bieren in Kontakt. Das Thema schmeckt ihm, er bleibt dran, liest, probiert es einfach einmal selber, das Bier brauen. „Wenn man keinen bestimmten Stil treffen oder etwas Reproduzierbares brauen will, ist das vergleichsweise einfach“, sagt er. Er sucht nach alten und besonderen Bierstilen und entdeckt schnell die Berliner Weisse für sich. Die seinerzeit quasi ausgestorbene Original Berliner Weisse.

Andreas Bogk

Andreas Bogk 2013 in seiner Brauerei in Berlin-Kreuzberg. (Foto: NAK)

Da wird die Geschichte dann, wie das Legenden ebenso an sich haben, recht wild: Es heißt, nachts sei Andreas Bogk in ein Labor gestiegen, in dem er den Bodensatz einer 40 Jahre alten Flasche Berliner Weisse, die nach Eigenaussage „etwas nach Füßen“ geschmeckt hat, auf Agar-Agar ausstreicht und wartet, bis dort sein ureigener Berliner-Weisse-Hefestamm wächst. Mit dem beginnt er dann im Rahmen eines Crowdfunding-Projektes „Bogk-Bier“ zu brauen („mit langem O, so viel Zeit muss sein“), eine Original Berliner Weisse mit Brettanomyces, wenig Alkohol und einer angenehm prickelnden Säure.

Das alles aber ist nun schon Jahre her, und es ist Zeit, sich mal wieder mit einem der ersten Berliner-Weisse-Revival-Brauer über Bier zu unterhalten.

Andreas, du giltst als der Wiederbeleber der Berliner Weisse, hattest auch schon mal eine eigene Brauerei, dann kurz mal nicht, jetzt wieder doch… Erzähl doch mal die aktuelle Situation des Bogk-Bier.

Zu Beginn hatte ich eine kleine Brauerei in der Kreuzbergstrasse, wo ich auch das crowdfunding finanzierte Bier gebraut habe. Das war eine etwas gutbürgerlichere Gegend und irgendwann gab’s dort Probleme mit dem Vermieter. Der wohnte im selben Haus und fand immer, dass es bei mir so unordentlich aussieht. Was es natürlich nicht tat. Aber das ist wohl Ansichtssache. Also musste ich ausziehen. Daraufhin stand das Zeug erstmal im Keller, bis ich dann angefangen habe die Willner Brauerei in Pankow auszubauen und dort zu brauen. Zwischendurch bin ich allerdings auch zwei Mal Vater geworden und so habe ich zeitweilig weniger und weniger Bier gebraut. Aber, da ich den Ausbau mit Ulrike Genz von Schneeeule gemacht habe, hat es sich dahingehend entwickelt, dass sie nun sieben Tage die Woche braut und ich ab und zu. [Andreas Bogk ist Teilhaber der Schneeeule GmbH mit Produktionsmitteln und Bogk Biere gibt es nur noch als Sonderauflage ab und an.- Anm. der Red.] Ulrike hat Brauereiwesen in Berlin studiert und sich auf Berliner Weisse spezialisiert und von daher kann ich das mit gutem Gewissen in ihre kompetenteren Hände legen. Jetzt sind wir in die Borsigallee gezogen. Die Zukunft der Berliner Weisse ist also gesichert, was für mich das wichtige Gesamtfazit des Projektes ist.

Das Besondere an deiner Bogk Berliner Weisse war ja, dass du dafür einen vierzig Jahre alten Brettanomyces-Stamm aus einer alten Flasche des VEB Getränkekombinats genommen und rekultiviert hast. Es gibt aber auch andere Brauereien die Berliner Weisse mit Brett brauen. Brewbaker zum Beispiel. Das heißt, es kursieren hier auch andere Brettanomyces-Stämme in der Stadt?

Ja, klar. Brewbaker und ich haben quasi parallel mit dem Brauen der Berliner Weisse angefangen. Michael Schwab hat dafür eine rekultivierte Brettanomyces von der VLB aus deren Labor verwendet. Und es gibt in Potsdam die Meierei und die Forsthausbrauerei, die brauen auch echte Berliner Weisse, also mit Bret woher auch immer. Es hat sich einiges getan in Sachen Berliner Weisse. Wobei die Brettanomyces schon immer noch das i-Tüpfelchen ist. Es wollen immer mehr Berliner Weisse machen, aber da muss man sehen, ob die sich trauen, Brett zu benutzen. Die von Stone zum Beispiel mit ihrer riesigen Anlage, trauen sich nicht. Es soll sogar Brauer geben, die säuern mit Milchsäure. Machen nicht mal eine Laktogärung! Oder sie säuern die Maische zwar an, aber dann kochen sie die Maische, damit sich nicht mehr biologisch aktiv ist.

Berliner Weisse Gipfel 2016

Ulrike Genz (Schneeeule) und Andreas Bogk (Bogk Bier) präsentieren ihre Biere gemeinsam. (Foto: NAK)

Ok, langsam: Laktogärung und Milchsäure, Maische säuern, kochen oder nicht – das musst du bitte genauer erklären.

 Ok. Also, natürlich gibt es unterschiedliche Arten, Berliner Weisse zu brauen. Aber bestimmte Punkte machen das Original nun mal aus.
So wird die Würze einer echten Berliner Weissen eigentlich nur ganz kurz aufgekocht, ich mache das auch fast gar nicht. Früher wurde die Berliner Weisse oft mit Dekoktion (Teile der Maische erhitzen und dann zur kühlen Gesamtmaische hinzu fügen, Anm. der Red.) gebraut. Und der Hopfen war meist schon in der Maische. So musste man dann die Würze später nicht mehr aufkochen und hatte trotzdem einen dezenten Hopfengeschmack. Die Maische zu kochen um Milchsäurebakterien abzutöten ist also eher… ungewöhnlich.
Wer nun seine Maische ansäuert, kocht danach meistens die Würze. Maische ansäuern bedeutet, du machst Laktobakterien in die Maische, lässt sie einen Tag stehen, läuterst und kochst die Würze. Oder du gibst Lakto in die Würze, lässt sie einen Tag stehen – und kochst sie ab, um Stabilität hin zu bekommen.

Klingt, als ob du die Idee, mit Laktobakterien oder Milchsäure zu säuern nicht so gut findest.

Ne, Laktobazillen sind schon cool. Zumindest besser als fertige Milchsäure, aber eigentlich muss die Milchsäure*-Fermentation nach dem Würzekochen passieren.

Und wie muss das dann mit der Brett?

Natürlich gibt‘s auch da unterschiedliche Ansätze, wann die Brett rein kommt. Eigentlich in dem Moment, wo auch die Anstellhefe zugegeben wird, weil sich dort die Brett früher versteckt hat. Man hatte eine gesäuerte Hefe, die man wieder und wieder geerntet hat. Aber es ist halt nicht ganz so einfach die perfekte Symbiose aus verschiedenen Hefestämmen herzustellen, weswegen man heute oft mit kleinen Tricks arbeitet, wie etwa die Mikroorganismen zu unterschiedlichen Zeitpunkten hinzu zu geben. Es ist also nicht ganz so ungewöhnlich, erst mal ein ganz normales Bier zu brauen – angesäuert – und dann die Brett erst hinzu zu geben, wenn man das Bier für die Nachgärung in Flaschen zieht. Zum ansäuern kann man dann zum Beispiel Laktobakterien verwenden. Nur hat man dann das eben beschriebene Koch-Problem. Und man braucht getrennte Equipment. Das ist auch einer der Gründe warum damals, bei der Zusammenlegung von Schultheiss und Kindl 2006, die Schultheiss-Weisse mit Milchsäure Bakterien und Brett eingestellt und die Kindl-Weiße weitergeführt  wurde. Kindl wurde schon seit den 70gern anders hergestellt. Die wurde in zwei verschiedenen Tanks für Milchsäure- und Hefegärung gebraut und dann pasteurisiert und zusammengekippt. Deswegen hat die immer schlechter geschmeckt. Aber der Vorteil: Man kann die gleichen Abfüllanlagen wie für alle anderen Biere verwenden, ist ja pasteurisiert. Schmeckt aber halt wie saures Pils.

Aus meiner Wahrnehmung heraus, hast du einen ziemlichen Trend – zumindest in der eher technisch affinen Szene – ausgelöst. Dazu hat dein Podcast CRE Bier viel beigetragen, den haben wahnsinnig viele Leute gehört und der hat ganz viele zum Thema Bier und selber Brauen gebracht. Wie nimmst du wahr, was sich seitdem getan hat, und wie findest du es eigentlich wenn z.B. Becks anfängt “Craft Beer” zu brauen?

Ich glaube, es war einfach Zeit für das Thema gutes Bier und durch das Brauen von eigenem Bier konnte man einfach gutes Bier herstellen. Es war lecker und sowas gab‘s nicht im Laden. Deswegen glaube ich, dass der CRE damals ein Vakuum gefüllt hat. Das ist ja mittlerweile ganz anders. Allein bei mir in der Nähe gibt es drei Bars mit einer spannenden und guten Bierauswahl.  Und zu den Großbrauereien: Finde ich in Ordnung, die sind ja auch nicht wirklich in der Lage die Vielfalt von Kleinbrauereien wieder zu spiegeln.
Wenn ich auf dem Land an der Tanke mal ein bis zwei nette Biersorten finde, finde ich das gut. Aber das ist natürlich ein anderer Markt, als der für die Kleinbrauereien und die machen eh was sie wollen.

Andreas Bogk Bier

Das Bogk-Bier: Leicht, hell, sauer – und verdammt original. (Foto: NAK)

*) Laktobazillen sind eine Unterart der Milchsäurebakterien. Sie alle haben gemeinsam, dass bei Gärung Milchsäure entsteht.