LUKASZ WIACEK: Trüb ist das neue hopfig

Nina Anika Klotz

Lukasz Wiacek und Georg Fürst sind zusammen Fuerst Wiacek und haben es geschafft, mit ihrem allerallerallerersten Bier für einen ziemlichen Kawumms zu sorgen. Ganz Berlin spricht darüber, also fast. Und alle so: Haste probiert? Richtig gut! Denn erstens ist das Fuerst Wiacek NEIPA sehr gelungen – und zweiten ist es eben ein NEIPA, ein New England IPA.

Vor ein paar Wochen kam da diese Email. In der stand: „Vorletztes Jahr habe ich ein echtes Kamel gewonnen. Letzten Herbst habe ich mein erstes eigenes Bier bei Camba als Gypsy gebraut. Ich denke ohne das Kamel wäre es dazu nicht gekommen.“ Ok, da darf man dann schon mal nachfragen: Wiebittewas? Also trafen wir uns mit Lukasz Wiacek und ließen und die ganze Geschichte einmal erzählen.

Herzlichen Glückwunsch zum Kamel.

Danke.

Kannste das mal erklären?

Also: Ich reise gern und ich fahre gerne Auto. Und irgendwie hat es sich so ergeben, dass ich 2015 an einer Rallye von Deutschland nach Jordanien teilgenommen habe. Das Auto durfte nicht mehr Wert sein als 1000 Euro und zu gewinnen gab es ein Kamel.

Und du hast gewonnen.

Exakt.

Nochmal: Herzlichen Glückwunsch. Und wo ist das Kamel jetzt?

Es steht leider noch auf einer Farm in Jordanien. Ich hatte noch keine Möglichkeit es nach Deutschland zu reiten. Aber: Bevor es nach der Rallye wieder zum geregelten Arbeitsleben in Berlin gehen sollte, hatte ich noch eine Woche frei, die ich genutzt habe um bei Carakale, Jordaniens einziger Brauerei, eine Craft Beer Brauerei, einfach mal ein Praktikum zu machen. Es hat mich interessiert, wie das in einem muslimischen Land funktionieren kann. Ich hatte keine Erfahrung im professionellen Bierbrauen, aber nach einem kurzen Telefongespräch mit dem Inhaber und Braumeister Yazan war ich eingeladen eine Woche als Praktikant mitzumachen.

Dazu muss man wissen, dass du einen gewissen „Track Record“ hast, was „einfach mal so ein Praktikum machen“ bei diversen, hochkarätigen Brauereien angeht.

Naja, das kam erst danach. In der Zwischenzeit war ich Praktikant bei Põhjala in Tallinn und bei Beavertown in London. Letzten September bin ich durch die USA gereist. Ich habe mit Matt bei Half Acre in Chicago das Daisy Cutter gebraut. Ich habe zur Hopfenernte mehrere Farmen in Yakima besucht. Cascade haben mir gezeigt wie sie Ihre Sauerbiere machen. Bei Boneyard in Oregon war ich eine Woche. Wir haben zusammen RPM und das berüchtigte Notorious IIIPA gebraut.

Das klingt alles ein bisschen wie die Kategorie „neulich habe ich ein Kamel gewonnen“: Ist das tatsächlich und wahrhaftig so einfach? Wie machst du das, bei diesen Brauereien reinzukommen? Da kann man doch nicht einfach ne Mail schreiben mit: Hey, ich würde gern bei euch Praktikum machen, darf ich?

Doch, aber genau so war das.

Glaube ich nicht.

Doch! Und das, obwohl ich überhaupt keine Brau-Ausbildung habe, ich bin Web-Entwickler, und braue noch nicht einmal so wahnsinnig lang zuhause. Allerdings ist es bei mir immer so: Wenn ich mich mit etwas beschäftige, dann richtig, dann will ich alles wissen und betreibe das Hobby wirklich intensiv.

Fuerst Wiacek

Lukasz Wiacek schaut, wie’s wird, sein erstes Bier. (Foto: Fuerst Wiacek)

Wie kamst du denn auf das Hobby Brauen?

Eigentlich wollten mein Kumpel Georg Fürst und ich Whisky zusammen machen. Mit Likören hatten wir schon Erfahrung. Der halbe Weg zum Whisky führt ja über Bier uns so haben wir einen der ersten Braukurse im Bierlieb in Friedrichshain mitgemacht. Wir wollten lernen, Würze zu kochen, um Whiskey daraus zu machen. Das haben wir auch gemacht und der war ganz OK, wenn auch so ein paar Fuselalkohole dabei waren und er schlimme Kopfschmerzen gemacht hat. Aber das Bier das rauskam war eigentlich noch besser.

Und dann habt ihr Euch gedacht, wenn schon, denn schon, und einfach mal „in groß“ gebraut – in der Old Factory von Camba Bavaria in Gundelfingen.

Irgendwie ja. Ich weiß nicht, aber durch meine Praktika kannte ich den Umgang mit großen Anlagen schon. Und außerdem habe ich das Rezept 10 bis 15 mal zuhause ausprobiert.

Ein sehr besonderes Rezept: Ein NEIPA. Was ist das?

Ein New England IPA. In den USA ist das gerade der kommende Trend. Im Gegensatz zu den sehr hopfigen West Coast IPAs sind die New England IPAs eher fruchtig und „hazy“, also trüb. Kommt vom Hopfen. Ich finde das einen genialen Bierstil – und das gab es ihn in Deutschland noch nicht. Wir haben etwa 1.700 Liter bei Camba gebraut und die in den Berliner Craft Beer Bars verkauft.

Und der Absatz war ziemlich überwältigend. Wird überall gefeiert, egal wen du fragst.

Ja, obwohl wir „A quick one while she’s away“ (so heißt das Bier, Anm. d. Redaktion) zu Mikkeller-Preisen verkaufen! (lacht) Aber zu unserer Verteidigung: Die Produktionskosten waren super hoch. Die Hefe wurde frisch aus den USA importiert und wir haben sehr viel Citra und Mosaic drin.

Ist das der Beginn deiner professionellen Brauer-Karriere als Fuerst Wiacek?

Ich finde die Idee schon geil, eine eigene Brauerei zu haben. Gypsie-Brewing könnte für mich immer nur nur ein Zwischenschritt sein. Aber ob ich jemals dahin komme, weiß ich nicht. Wir haben keinen Fünf-Jahres-Plan. Kann auch sein, dass das das letzte Bier war, das Fuerst Wiacek gebraut hat.

Nä. Glaub ich nicht.