FUNKTIONELLER MEHRWERT: Bier mit Benefits

Nina Anika Klotz

Was bei den alkoholfreien Getränken ein Megatrend ist, kann man auch in Sachen Bier mal probieren: funktionelle Mehrwerte. Zusatznutzen zum Durstlöschen. Der Drink, der schön, schlau, gesund und jung macht. Das Gewisse Extraplus. Hier ein paar Beispiele für Bier mit Benefits.

Kaum ein Segment der Lebensmittelbranche ist erfinderischer als die Getränkeindustrie. Eine „Innovation“ folgt der anderen und lässt die dabei schon gleich wieder alt aussehen. Und warum ist das so? Weil man muss. Weil der Markt für Getränke gesättigt ist, wie man so schön sagt. Bummsvoll. Und wer da nicht mit tollen neuen Ideen trumpft, geht unter.

Der Durst währt ewiglich

Zugleich steckt aber halt auch Musik im Durst-Business. Denn: Getrunken wird immer. Der Mensch muss und wird immer Flüssigkeit zu sich nehmen. 2016 haben die Deutschen rund 18,8 Milliarden Euro für alkoholfreie Getränke ausgegeben, für alkoholische 21,9 Milliarden Euro, rechnet das Statistische Bundesamt vor. Der jährliche Getränkeverbrauch wird auf rund 680 Liter pro Kopf geschätzt , davon 300 Litern alkoholfreie (Wasser, Erfrischungsgetränke und Fruchtsäfte), über 240 Litern Heißgetränke (Tee und Kaffee) und mehr als 135 Litern alkoholischen Getränken (Bier, Trinkwein, Schaumwein und Spirituosen).

Die Frage ist eben: Was trinkt der durstige Mensch? Und da lohnt es sich eben, dem Verbraucher Lust auf ganz bestimmte, besonderen, neue und außergewöhnliche Getränke zu machen. Der afG-Bereich (alkoholfreie Getränke) überschlägt sich hier förmlich: Und noch eine neue Limo und eine Cola, die aussieht wie Wasser und Wasser, das schmeckt wie Cola und Tee mit Reis aus Korea und und und. Und immer wieder das: Getränke mit edlen Versprechungen. Fruchtdrinks, die gegen Erkältung schützen. Milchgetränke, die die Verdauung anregen. Smoothies die schön machen. Klug. Oder jung halten. Brause, die wach macht, Eistee, der die Nerven beruhigt und so weiter. Alles in allem also Getränke mit einem Mehrwert, einem funktionellen Zusatznutzen. Zuerst einmal löschen sie Durst. Aber darüber hinaus tun sie noch viel mehr Gutes!

Man spricht hier von funktionellen Getränken. Da geht mit einem gesteigerten Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein einher, manchmal ist auch ein bisschen ein politisches Statement („Wir Besseresser.“). Und wenn es das nicht ist, dann ist es vielleicht einfach der Anspruch in unseren bewegten Zeiten, dass ein Getränk einfach auch mehr und mehr gleichzeitig kann. So wie unser Handy, das zugleich Laptop, Fotoapparat, Radio, Minifernseher, Spielkonsole, Ebook-Reader, Plattensammlung und was nicht alles ist. Und so wie wir, die wir ja auf dem Weg zur Arbeit Musik hören, Bücher lesen, mit Freunden chatten und die ersten Emails bearbeiten. Alles auf einmal, irgendwie.

Koffeinbier

Uppers and Downers – warum nicht auch in einem Glas vereint? (Foto: NAK)

Wasser mit Vitaminen, Mineralien, Koffein – und Bier?

Während im afG-Bereich also Mineralwasser mit Vitaminen, Fassbrause mit Guarana, Säfte mit Chia-Samen und so weiter schon lange Trend sind, war Bier da bisher außen vor. Bier, das ist schon gut. Gut so, wie es ist. Vier Zutaten. Reicht.
Oder doch nicht? Doch, reicht, muss aber trotzdem nicht alles sein: Bier mit funktionellen Zusatznutzen ist durchaus möglich. Und machbar. Und kommt.

  • Koffeinbier

Das naheliegendste vielleicht ist Bier mit dem gewissen Wach-Mach-Effekt. Das liegt ja fast schon auf der Hand: Bier ist super. Bier entspannt. Und macht müde. Das ist oft gut so – manchmal aber auch nicht der gewünschte Effekt, also wäre es doch sinnvoll, Bier den gewissen Kick zu verleihen. Zum Beispiel mit Kaffee. Fast schon ein Klassiker.

Kaffee

Kaffee bzw, die beim Brauen eingesetzten Kaffeebohnen bringen mehr als das bisschen Koffein zum weniger Gähnen, sie kommen mit dem typischen Kaffeegeschmack daher. Das passt ganz wunderbar zu diversen Stout-Varianten, die ohnehin gern von sich aus mit Kaffeearomen kokettieren. Oliver Wesseloh von der Kreativbrauerei Kehrwieder macht das zum Beispiel mit dem El Duderino. Das aktuelle Russian Imperial Milk Coffee Stout hat er mit ecuadorianischen Kaffeebohnen der Hamburger Rösterei Quijote Kaffee gebraut. Hamburger Kollegen haben auch schon mit anderen Bierstilen plus Kaffee gewerkelt, Fiete Matthies vom Wildwuchs Brauwerk etwa hat den Speicherstadt Wachmoker am Start, ein Kaffee Pale Ale mit 13,2 mg Koffein pro 100 ml.

Unverhopft Titel

Tobi und Abraham (v.l.r.) setzen mit Unverhopft auf Koffein. (Foto: Unverhopft)

Guarana und Mate

„Hallo wach“ bringt ja nicht nur Kaffee, andere natürliche Aufputscher sind zum Beispiel Guarana oder Mate. Mit beidem brauen die Gründer des Berliner Start-Ups Unverhopft, das mit dem Thema Wachmach-Bier ein Steckenpferd hat. „Guaraná hat, wenn man sie rein auf diesen Wachmachereffekt reduzieren möchte, einen erheblichen Vorteil gegenüber Kaffee oder synthetischen Stoffen wie Taurin“, erklärt Abraham Taherivand, einer der beiden Gründer. „Die Wachmacher im Guaraná bewirken einen leichten Anstieg und erreichen nicht einen absoluten Peak und dann einen Crasheffekt.“ In ihrem „Ale Commandante“ haben sie ein Chocolate Stout mit Guarana gepimpt.

Mate, die mehr Eigengeschmack mit sich bringt, muss gekonnt dosiert werden um zu vermeiden, dass das Bier bitter wird. Bei Unverhopft löst man dieses Problem, indem man aus Mateblätter einen Extrakt machen lässt, der dann ein Pilsener aufpeppt.

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JoyBräu Bischoff

Erik Dimter (links) und Sven Bischoff (mittig) machen Proteinbier. (Foto: JoyBräu)

  • Proteinbier

Einen anderen funktionellen Mehrwert für Bier wünschten sich Tristan Brümmer und Erik Dimter. Beide sportlich. Also: so richtig. So, dass sie bisweilen Proteindrinks einem guten Bier vorzogen. Wobei es noch besser wäre, dachten sie, beides vereinen zu können. Über Jahre tüftelten sie mit der TU Berlin an einem alkoholfreien Proteinbier – und jetzt ist Joybräu mit zwei Sorten auf dem Markt. Alkoholfreies Bier – plus 8 Gramm Protein auf 0,33l.

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G'Bräu

Gruitbier in modern: Das aktuelle Sortiment von G’Bräu. (Foto: Thomas Bassen)

  • Kräuterbier

Im Grunde bringen auch die Nicht-Biere von Pia Morgenroth gewisse Mehrwerte mit sich. Die Gründerin von G’Bräu braut statt mit Hopfen mit unterschiedlichen Kräutermischungen. Und: „Die von mir eingesetzten Wildkräuter haben alle eine lange Tradition im Brauwesen und sind gesundheitsfördernd und anregend“, erzählt sie. Der Gundermann etwa, den sie einsetzte, gilt als entzündungshemmend, wirkt antioxidant und ist super für das Immunsystem. Bei ihrem Bier „Schwarzes Schaf“ kommt außerdem Schafgarbe zum Einsatz, die wirkt krampflösend und lindert Verdauungsbeschwerden.

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Und da geht freilich noch einiges mehr. Gutes Bier kann man aus vier guten Zutaten brauen. Gutes Bier, nein, Verzeihung, gute bierähnliche Gebräue, kann man aber auch mit funktionellen Mehrwerten ausstatten. Bier mit Benefits. Warum auch nicht.