KELLERBIER / ZWICKEL

Nina Anika Klotz

Ein Kellerbier (auch Zwickelbier) ist deins, wenn…

  • …du Trübsal im Bierglas magst
  • …du eher so der Traditionalist bist
  • …du was zur Leberkassemmel suchst

Mal eine eher steile These: Das Kellerbier (auch Zwickelbier oder Zwickel, manchmal auch Zwickl) ist das NEIPA der alte Welt. Eigentlich keine neue Sache, eigentlich auch kein eigener Bierstil, aber plötzlich total gehypt – und trüb.

Was ist eigentlich ein Kellerbier?

Das ziemlich Einzige, was Kellerbier ausmacht, also jedes Kellerbier, was ein Kellerbier unbedingt sein muss, ist trüb. Ein naturtrübes, ungefiltertes, ungespundetes Bier ist das. Meistens ein helles, untergäriges. Ein Helles halt. Festgeschrieben ist das aber nirgends. Genauso kann es auch Weizen-Kellerbiere geben oder obergärige, Keller-Ales, quasi. Dunkel oder hell. Die meisten Kellerbiere sind nicht pasteurisiert.
Ach ja, und frisch sollte es sein, das Kellerbier. Frisch aus dem Gärkeller direkt in den Ausschank. In der bierseligen Theorie.

Kellerbier

Comes in all shapes und colours… (Foto: NAK)

Daher freilich hat das Kellerbier seinen Namen, weil es direkt nach der Nachgärung aus dem Keller in den Gasthof und dann schnell ins Glas kam, früher halt. Das Zwickl vielleicht sogar noch früher, oder auch nicht, aber das hat seinen Namen zumindest eigentlich von den Probierschlückchen, die ein Brauer über die Tage und Wochen der Gärzeit nimmt, um zu sehen, wie weit sein Bier denn schon gediehen ist und wann er es aus dem Tank in Fass oder Flasche lässt. Er zwackt sich ein bisschen was davon ab, quasi. Zwick, zwack. Damit ist „zwickeln“ so süß das auch klingt ein Fachterminus. Gezwickelt wird über den Zwickelhahn, den Brauer oder Brauerin aufdrehen um einen Schluck (Jung)Bier zu bekommen.

Was ist drin im Kellerbier?

Das Kellerbier hat weniger und mehr: Weil es nicht filtriert wird, kommt es mit all den Schwebe- und Trübstoffen, die in einem nicht filtrierten Bier eben sind. Das sind Reste vom Hopfen, ein bisschen Hefe, Eiweiß aus dem Malz – alles überhaupt nicht schlimm, sondern ganz normal. Und wo mehr drin ist, ist freilich auch mehr drin: Es gibt keine Aroma- oder Geschmacksverluste durch Klärung oder Filtration, Kellerbiere sind vollmundig und würzig. Natürlich hängt der Geschmack stark vom eigentlichen Bierstil ab (Weißbier, Helles, Dunkel), das dem Kellerbier zu Grunde liegt, oft aber sind es eher malz- als hopfenbetonte Biere mit einer gewissen Karamelligkeit. Süffig passt auch oft gut.

Traditionell ist das Kellerbier ungespundet, das heißt, früher ließ man in den hölzernen Gärbottichen das Spundloch offen, so dass das bei der Gärung entstehende CO2 einfach entweichen konnte. Heißt also, dass das Kellerbier in aller Regel weniger Kohlensäure hat als etwa ein Helles.

Kellerbier

Sehr zum Wohle! (Foto: NAK)

Wie schon gesagt: Die meisten kommerziell angebotenen Kellerbiere, also die ursprünglichen, die von den kleinen Privatbrauereien im vornehmlich fränkischen Raum, sind quasi Helle, die statt nach Reifung und Lagerung in die 0,5l-Euroflasche eben schon gleich nach der Gärung in den Ausschank der Brauerei bzw. die fünf Gasthöfe am Ort gehen. Darüber hinaus bieten aber auch große und Großbrauereien Kellerbiere an. Das hat mit dem aufkommen der Craft Beer Bewegung stark zugenommen, wohl weil das naturtrübe Kellerbier als eine traditionelle Antwort auf die Frage nach Handwerklichkeit im Brauprozess empfunden werden kann, weil es quasi ein immer-schon-craftiges Bier ist. Naturtrüb war jedenfalls in den letzten Jahren eines der ganz großen Trends im konventionellen Bierbereich.

Biestil Guide Kellerbier

Aussehen: satt gold bis dunkel, je nach Art – aber immer trüb
Alkohol: In der Regel 4-6 % Vol.
Aroma: Malzig, Karamell, dezent nussig (manchmal)
Geschmack: manchmal mehr Getreidig, manchmal zart honigartig, selten bitter
Körper: eine gewisse Fülle, Weichheit; guter Körper

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