KNÄRZJE: Bio-Brotbier gegen Lebensmittelverschwendung

Thomas ReddersIm Gespräch, Interviews

Für das Endstück vom Brot gibt es allein in Deutschland über 200 unterschiedliche Begriffe. Endle, Riebel, Knust oder eben auch Knärzje. So heißt es nämlich im Hessischen. Und genau da kommt auch das Knärzje Bio-Bier her! Jetzt könnt ihr euch schon denken, was es mit dem Namen auf sich hat.

Daniel Anthes Knärzje
Macht das jetzt mal: Daniel Anthes packt das Thema Foodwaste an. (Foto: Knärzje)

Seit 2018 versuchen Daniel Anthes und Ralf Wagner, die beiden Gründer von Knärzje, ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung zu setzen. Denn allein die Masse an Backwaren, die jährlich in Deutschland im Müll landet ist riesig: rund 2 Millionen Tonnen! Und das, obwohl sie noch bedenkenlos genießbar wären. Warum also nicht einfach ein Bier daraus machen?

Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Gerade in Großbritannien oder Russland, aber auch in der Schweiz, den USA oder in Skandinavien – um nur einige Länder zu nennen – wird schon lange mit Brot gebraut. Dennoch steht natürlich noch immer Malz als Stärkequelle in der Brauindustrie ganz klar im Vordergrund. Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Soll es auch nicht. Aber ein Ansatz, der Bier nachhaltiger macht, ist es in jedem Fall wert, ernst genommen zu werden. 

Wir haben Daniel gefragt, wie genau Knärzje, das erste Bio-Brotbier Deutschlands, gebraut wird, wo man überhaupt Brotbier brauen kann und welche Herausforderungen bei Brauen gemeistert werden müssen.

Erstmal vorab, was für ein Bier ist Knärzje? 

Knärzje ist ein obergärig gebrautes Bier – untergärig ist der Malzersatz mit Brot verboten – das sich geschmacklich an ein Helles anlehnt, aber aufgrund der Naturtrübe auch etwas von einem Kellerbier hat. Vergoren wird mit einer Ale-Hefe und so kreieren wir ein süffiges, im Abgang leicht herbes Bier, was mitunter beim Antrunk auch fruchtige Noten mitbringt.

Daniel Anthes Knärzje
Trinken für eine bessere Welt. (Foto: Knärzje)

Gab es Probleme mit der Reinheitsgebot und der Deklaration des Bieres?

Wir haben hier eine Sondergenehmigung für besondere Biere, die es aufgrund der Herstellung, beziehungsweise des Ersatzes von Malz mit Brot erfordert. Da das Ganze aber irgendwo für die Behörden noch recht neu ist und der Präzedenzfall fehlt, war das etwas aufwendiger. Untergärig wäre Brotbier verboten, obergärig ist es mit der Ausnahmeregelung möglich.

In welcher Brauerei braut ihr?

Momentan beim Brauhaus Bergmann in Aschaffenburg. Hier wird Bio großgeschrieben und das passt wunderbar zu unserem Nachhaltigkeitsanspruch.

Daniel Anthes Knärzje
Der Gründer und viel Bier mit Brot, das weg muss. (Foto: Knärzje)

Kannst du mir den Brauprozess kurz erklären? Wann genau kommt das Brot in welcher Form dazu? 

Brot wird direkt beim Einmaischen dazu gegeben, und zwar in getrockneter und gehäckselter Form. Der Brauprozess danach ist identisch mit dem „Normalfall“.

Gibt es Probleme beim Läutern? 

Anfangs haben wir „Brotbier“ wortwörtlich genommen und mitunter Malzersatz beziehungsweise Brotzugaben von über einem Drittel versucht – da wurde der Treber irgendwann recht dicht und das Läutern eine zeitaufwendige Angelegenheit. Mittlerweile sind wir bei der Schüttung von Brot auf knapp 25% runter – es wird also 1/4 des Malzes ersetzt – wodurch wir im Vergleich zu den anderen Brotbieren (Toast Ale aus England, Damn Good Bread Beer aus der Schweiz beispielsweise) immer noch deutlich mehr Brot pro Flasche retten, aber auch den Prozess ökonomischer gestalten konnten.

Ist es denkbar, unterschiedliche (obergärige) Bierstile mit altem Brot zu machen, also auch mal ein Stout, ein Weißbier?

Klar, alles kann, nichts muss!

Was plant ihr vertriebsmäßig? Wo bekommt man euer Bier?

Für das kommende Jahr 2021 steht der Lebensmitteleinzelhandel auf dem Plan. Erste Gastropilote starten gerade auch schon, aber der Fokus wird erstmal auf einer tragfähigen LEH-Präsenz sein. Hier sind wir bereits in fortgeschrittenen Gesprächen mit den großen Supermarktketten.