obergärig und untergärig

OBERGÄRIG UND UNTERGÄRIG: Was ist was?

Nina Anika Klotz

Es gibt keine dummen Fragen, nur doofe Antworten. Und ganz ehrlich: Beim Biertrinken haben wir alle mit Schaumnippen angefangen. Deshalb widmen wir uns in dieser Serie den ganz grundsätzlichen Fragen rund ums Bier. Heute: Was ist eigentlich obergärig und untergärig?

Für den deutschen Biertrinker und die deutsche Biertrinkerin gab es bis vor ein paar Jahren nur Bier. Bier als ein „homogenes Gut“, wie man in der Volkswirtschaftslehre sagen würde, etwas wie Mehl, Zucker, Milch. Der Unterschied bestand für ihn lediglich in den Marken, den Brauereien. Er konnte Beck’s trinken oder Augustiner, wenn er „ein Bier, bitte!“ bestellte.

obergärig und untergärig

Bis vor Kurzem gab es an der Bar keine Fragen. Ein Bier? – Bitteschön. Obergärig? Untergärig? Nein, ein Bier! (Foto: NAK)

Tatsächlich aber gibt es weit über 100 verschiedene Bierstile, von denen bei uns allerdings die wenigsten geläufig sind. Das hat sich in den vergangenen Jahres etwas verändert, aber die wenigsten kennen sich aus. Einen groben Überblick gibt es in dieser Bierstilkarte. Darin fällt auf: Ganz generell werden all diese Bierstile in zwei Gruppen unterteilt – in „Ale“ und „Lager“, wie man auf Englisch sagen würde. Deutsch übersetzt geht es um obergärig und untergärig.

  • Ales sind obergärige Biere, also Biere, die mit obergärigen Hefen vergoren sind
  • Lager sind untergärige Biere. Hier waren untergärige Hefen am Werk

Obergärig und untergärig: Eine Frage der Hefe

Auch wenn in Zeiten von Craft Beer alle immer von Hopfen reden – der eigentliche Spaßbringer beim Bier ist die Hefe! Hefe macht aus einer trüben, freudlosen Brotsuppe fröhlich-beschwingendes Bier, in dem sie Zucker in Alkohol umwandelt. Wie genau die Hefe arbeitet, erklärt ein Hefe-Experte hier.

Früher, im dunklen Mittelalter und davor, wussten die Menschen davon nichts. Die Germanen hatten, so wird manchmal erzählt, einen „magischen Bierstab“ aus Holz, den sie manchmal in die Würze hielten, damit daraus ein möglichst wohlschmeckendes Bier wurde. Und oft hat das gewirkt. Denn: Hefen, wilde Hefen finden sich in der Natur überall, auf Früchten, Blättern, Bäumen. Und wurde das Bierstäbchen einmal in einen mit guten Hefen versetzten Biersud gehalten, konnte er diese Kulturen gleich in den nächsten übertragen – there goes the magic.

obergärig und untergärig

Die Hefe macht den Unterschied, sie ist nämlich obergärig oder untergärig. (Foto: NAK)

Obergärige Biere – die alten, die Ur-Biere

Die meisten in der Natur vorkommenden Hefen sind obergärig, sprich, sie arbeiten bei moderaten bis warmen Temperaturen am besten. Arbeiten, das heißt Zucker in Alkohol umzuwanden. Moderat bis warm sind 15 bis 20 Grad Celsius Umgebungstemperatur.

Die ideale Eselsbrücke wäre also, sich das OBERgärig mit de HOHEN Temperaturen zu merken. Der englische Begriff ist „top-fermenting yeasts“.

Zwar geht der Begriff eigentlich darauf zurück, dass obergärige Hefen „Sprossenverbände“ bilden, sich also quasi an den Händen halten und damit Auftrieb bekommen und sich an der Oberfläche des Bieres absetzen, während die untergärigen Loner sind und einzeln einfach ausfallen und sich am Boden des Gärtanks sammeln, aber Hefen sind funky Wesen und halten sich nicht immer an solche Regeln. Plus: Der entscheidende Unterschied zwischen obergärig und untergärig ist die Temperatur während der Gärung.

Berühmte Beispiele für obergärige Biere:

Untergärige Biere – die Neuen

Untergärige Hefen finden sich zwar ebenfalls in der Natur, und wohl hat man vor Hunderten Jahren schon hin und wieder untergärige Biere gebraut – dann allerdings mehr oder weniger zufällig, wenn es eben kalt war und die ganze Gärung über blieb, so dass die obergärigen Hefen im Bier zu träge waren, kaum arbeiteten und das Feld den Untergärigen überließen. Die finden es zwischen 4 und maximal 9 Grad spitze. Im Englischen spricht man von bottom-fermenting yeasts.

Um kontrolliert untergärige Biere brauen zu können, brauchte es zwei durchschlagende Erfindungen der Neuzeit:

  • die Kältemaschine von Carl Linde: in den 1870ern entwickelte der Ingenieur und Ur-Vater des Kühlschranks kühltechnische Verfahren und Gerätschaften für Brauereien, die es ermöglichten, einen Raum konstant auf 5 Grad zu kühlen, so dass dort untergärige Biere und ihre untergärigen Hefen in aller Ruhe und Frische vor sich hingären konnten
  • die Reinzucht-Hefe von Emil Christian Hansen: Dem Forscher gelang es 1883 in den Laboren der Carlsberg-Brauerei in Kopenhagen erstmals, einzelne Hefestämme zu isolieren. Erst ab da konnte man einer durchs Kochen sterilen Würze einen einzigen, bewusst ausgewählten Hefestamm (statt eines ganzen Batzens Mischkulturen) zugeben. So konnten untergärige Biere gebraut werden, in denen keine obergärigen Hefen auch nur das kleinste bisschen hineinpfuschten

Berühmte Beispiele für untergärige Biere

Zusammenfassung: Obergärig und untergärig

Ob ein Bier obergärig oder untergärig ist, hängt davon ab, mit welcher Hefe es vergoren wurde.

Obergärige Hefen wandeln Zucker am liebsten bei warmen Temperaturen in Alkohol um, untergärige Hefen arbeiten bei kalten Temperaturen.