PRIVATBRAUEREI MORITZ FIEGE: „Wir sind nicht Everybody’s Darling.“

Clarissa Omiecienski

Geht man auf Bier-Entdeckungsreise ins Ruhrgebiet, ist ein Besuch bei der Privatbrauerei Moritz Fiege ein Muss. Seit über 280 Jahren wird hier Bier gebraut, immer in Familientradition, aber dabei kein Stück so wie immer: 1926 revolutioniert Fiege Bier im Westen. Die Brauerei führt die Herstellung eines bis dahin völlig unbekannten Bieres ein, das Moritz Fiege Pils. Es wird in Bochum und Umgebung sehr beliebt und ist bis heute DER klassische Pils-Typ des Ruhrpotts geblieben. 

Auf dem morgendlichen, noch wenig geschäftigen Brauereihof begrüßt Hugo Fiege die neugierigen Bierliebhaber: „Nach der Hopfenhelden-Definition machen wir Craft Beer, auch wenn wir keine Bärte und Tattoos tragen. Da sind Sie ja jetzt alle richtig hier.“ Um die Craft-Bewegung wird sich also auch in Bochum Gedanken gemacht, auch wenn es kein explizit bezeichnetes „Fiege Craft“ gibt. Das sei ja schließlich alles nur eine Benennung stellt er dazu fest.

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Der Eingang zur Privatbrauerei Moritz Fiege (Foto: CO)

Tatsächlich fällt Hugo Fiege mehr unter die Kategorie gut gekleideter Geschäftsmann, dessen Verbundenheit zu Heimat sich weniger durch einen ruhrdeutschen Dialekt, als vielmehr durch die Ausrichtung der Brauerei als lokale Pott-Institution bemerkbar macht. „Von Herzen und von Hier“ ist also nicht nur der Slogan, sondern wirklich Fiege-Philosophie.

Gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen hat Hugo Fiege 1981  die Geschäftsführung der Privatbrauerei Moritz Fiege übernommen. Beide sind keine gelernten Brauer sondern Kaufleute. Sie stehen deshalb nicht selbst am Kessel, kümmern sich stattdessen darum, dass der Betrieb läuft, um Marketing und die Organisation von Personal und allen Prozessen. Schließlich kennen sie sich mit denen bestens aus, haben sie doch schon als Kinder auf dem Hof der Brauerei gespielt und sind mittlerweile 36 Jahre im Geschäft.

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Die Fiege-Brauerei füllt seit 2002 ausschließlich in Bügelflaschen ab – Kronkorken adé (Foto: CO)

Wie gehen Sie als Traditionsbrauerei mit dem Thema Craft Beer um?

Hugo Fiege: Ich finde das Craft Beer Thema sehr positiv. Die aktuelle Welle hat es geschafft, dass die Menschen sich wieder mehr mit Bier beschäftigen. Bier ist nicht mehr nur zum Durstlöschen da oder wird zum Sündenbock für Alkoholprobleme, sondern wird wieder spannend. So sind wir als Brauerei auch gefordert verschiedene Geschmäcker anzubieten, um dem Einheitsbier der Industrie entgegenzuwirken.

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Offene Gärung im Keller der Brauerei (Foto: CO)

Wo sehen Sie da Ihre Brauerei in der aktuellen Craft Beer Bewegung? Sehen Sie Ihre Rolle in und um Bochum dadurch gefährdet?

Nein, wir können eh nicht bei den ganz Großen mitmischen, sondern agieren eher lokal, aber natürlich bekommt man eben im Moment die große Chance, mehr aus dem eigenen Bier zu machen. Aktuell brauen wir 12 Sorten und das ist schon eine ganze Menge. Als mein Bruder und ich hier eingetreten sind wurde Pils und Export gebraut, mehr gab’s nicht. Und auch die anderen Brauereien waren auf dem Weg zum Einsortenbetrieb, weil das einfach am wirtschaftlichsten ist. Das funktioniert aber nicht für den Konsumenten, deshalb haben wir bereits früh angefangen unser Angebot zu erweitern.

Das heißt also, eine Sortimentserweiterung um Craft Beer?

Ich sag mal so: Wir machen Biere, die Ecken und Kanten haben. Unser Pils ist da schon auch bereits ein Craft Beer nach der Definition. Mit 36-38 Bittereinheiten beim Pils ist das vielen zu bitter, trotzdem denken wir, dass das der richtige Weg ist. Der Reiz, Neues zu probieren, ist definitiv da und wird durch die aktuelle Bewegung bestärkt. Deswegen gibt es jetzt unseren Pilsbock. Damit erreichen wir allerdings eine völlig andere Trinkerschaft, bei der die neuen Ideen Anklang finden. Wir werden uns deshalb jedoch nicht verbiegen – wir sind nicht everybody’s darling.

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Blick auf den Brauereihof aus der Zirbelstube (Foto: CO)

Fiege Pils wird in Berliner Craft Beer Bars ausgeschenkt und schwer bejubelt – ist Ihnen das bewusst, wie finden Sie das? Gibt es dafür eine Erklärung?

Das ist tatsächlich ein ziemlich witzige Geschichte. Es gibt da eine Bar in Berlin, Försters Feine Biere, die speziell unsere Biere ausschenkt. Und zwar hat der Biersommelier Sven Förster ursprünglich am Bierstand im KaDeWe gearbeitet . Irgendwann hat ihn dann mal ein Kunde gefragt: Sagen Sie, kennen Sie Fiege Pils?“ Darauf sagt er: „Ich hab mal davon gelesen, aber es noch nicht probiert“. Der Kunde bringt ihm also eine Flasche mit und Sven verkostet und kommt zu dem Entschluss: Wenn ich mich mal selbstständig mache, dann wird das mein Pils. Jetzt wussten wir aber gar nicht wie wir das Bier da hochkriegen sollten. Das war am Anfang ein wirkliches logistisches Problem. Mittlerweile haben wir jemanden in Berlin, der für uns unterwegs ist und auch einen kleinen Großhändler, der unser Bier in verschiedenen Bars an den Mann bringt – quasi als besonderes Bier, für alle, die etwas anderes wollen.

Offenlegung: Brauereibesuch/Interview fanden im Zuge der #NRW-Bierreise statt, ermöglicht durch NRW Tourismus im Rahmen des Projektes #deinNRW.

(Aufmacherbild: Hugo & Jürgen Fiege (Foto: PbMF)