BIER TRIFFT STREETFOOD: Kilometerweise Kabel, Regen und Verstrahlte

Nina Anika Klotz

Raus aus der Nerd-Ecke und rein in die breite Masse: Mit dem Event „Handgemacht – Junges Brauen trifft Straßenküche“ will ein Veranstaltungserprobtes Trio aus Berlin Craft Beer den Massen näher bringen. Mit uns sprechen sie über die Herausforderungen, ein gelungenes Open-Air-Bier-Event auf die Beine zu stellen

Gutes Bier braucht gute Grundlage. Das ist Biertrinker-Basiswissen und zugleich das so simple wie gute Konzept von „Handgemacht“, einem Craft Beer Event, das am kommenden Wochenende erstmals in Berlin stattfindet. Die Veranstalter holen fast ebenso viele Craft Beer Brauer wie Streetfood-Köche auf einem ehemaligen Schultheiss-Brauereigelände zusammen.

Die Macher Jörg Hübner und Michael Wiegner, beide gelernte Köche und Chefs der Veranstaltungsfirma Ketering, hatten irgendwann genug von dem Gequengel ihres Büronachbarn Martin Schmidt. Der macht eigentlich etwas ganz anderes, beruflich, mag aber Craft Beer sehr, und lag den Ketering-Männern deshalb schon lange mit „Macht doch mal ein Craft Beer Event!“  in den Ohren.

Hübner und Wiegner machen sonst viel mit Rambazamba, Glitzer und Oh-Du-Fröhliche. Ketering organisiert seit 17 Jahren den „Karneval der Kulturen“ mit seinen 1,5 Mio. Besuchern auf Umzug und Straßenfest, den Berliner Christopher Street Day und den Lucia Weihnachtsmarkt. Warum also nicht mal Craft Beer. Brauer und Street-Feeder waren schnell gefunden. Jetzt muss nur noch das Wetter mitmachen.

craft beer event handgemacht berlin

Michael Wiegner, Jörg Hübner und Martin Schmidt haben „Handgemacht“ organisiert. (Foto: NAK)

Nach fast zwei Jahrzehnten im Veranstaltungsgeschäft, macht man sich vor einem Event immer noch einen Kopf um das Wetter?

Jörg: Natürlich. Weil wenn’s regnet, sind immer wir schuld. Gefühlt.

Michael: Wir haben alle verschiedenste Wetter-Apps auf unseren Telefonen und glauben immer der mit dem besten Wetter. Natürlich macht man sich noch einen Kopf, allerdings haben wir in all den Jahren auch gelernt: Wenn nach dem Regen wieder die Sonne scheint, sind die Besucher schnell wieder da. Und wenn man ein Event so viele Woche am Rechner plant, ist es eigentlich eine Befreiung, rauszugehen wenn es los geht. Das überwiegt die Angst wegen des Wetters.

Aber dann sind da ja noch die ganzen anderen Faktoren… Was sind die größten Herausforderungen, damit ein Open-Air-Event dieser Größe super wird?

Jörg: Vor allem können wir draußen nicht planen wie in einer Messehalle. Da ist hier mal eine Baumwurzel oder da eine Baustelle, da müssen wir auch mal kurzfristig einen Stand umsetzen. Die Versorgung mit Wasser und Strom ist nicht immer leicht, oft muss man Unmengen Kabel verlegen. Wir treiben viel Aufwand, es für die Besucher gemütlich zu machen, das heißt viel Tische und Bänke aufbauen, Liegestühle verrücken, Schirme auf und zuklappen. Und dann sind Anrainer immer eine Sache, die dürfen nicht behindert oder gestört werden. Das macht die Zeiten für Auf- und Abbau knapper und beschränkt in Sachen Lärm und Musik.

Michael: Bei Musik hätte man dann auch noch die Vorgaben des Umweltamtes, das im Rahmen des Emissionsschutzgesetzes Kontingente für ein bestimmtes Areal festlegt. Für die Kulturbrauerei sind diese Kontingente lange im Voraus ausgeschöpft, weshalb wir auf feine leise Akkustikmusik an mehreren dafür vorgesehenen „Musik-Schauplätzen“ setzen. Da kommen Straßenmusiker mit eigenen Akkustikverstärkern – die sind dann eben zufällig da (Lacht). Die größten Kopfschmerzen bereiten uns aber „die Verstrahlten“, wie wir sie liebevoll nennen.

Betrunkene. Sind die auf einem Bierevent nicht unvermeidlich?

Michael: Nein, es geht gar nicht um die vom Bierevent Betrunkenen, sondern um die aus dem Clubleben drumherum. In der Kulturbrauerei sind drei Clubs, an einem durchschnittlichen Wochenende ziehen 10.000 lustige Party-Menschen übers Gelände. Der Supermarkt dort hat sich darauf eingestellt und verkauft bis 23 Uhr Alkohol. Also glühen die da soweit vor, dass sie noch halbwegs gerade in den Club kommen. Wir enden mit unseren Brauern um 23 Uhr. Damit es bei dieser Überschneidung keine Probleme gibt, haben wir einen Sicherheitsdienst angeheuert.

Ihr macht die Pläne, welcher Brauer wo steht. Gibt es denn eine geheime Dramaturgie des perfekten Standaufbaus eines Events?

Michael: Ja, aber die ist für jeden anders. Deshalb sind wir beim Karneval der Kulturen dazu übergegangen, die Leute selbst zu fragen: Wo willst du mit deinem Stand stehen?

Jörg: Für die einen ist das Zentrum in der Mitte, für die anderen da, wo das das Karussell ist, die einen meinen, es kämen mehr Besucher durch diesen, die anderen durch jenen Eingang.

Michael: Bei Handgemacht werden wir nun erst einmal Food- und Bierstände abwechselnd aufbauen.

Das macht ja auch Sinn, weil ihr im Grunde ja zwei Themen mischt: Einen Streefood-Markt und ein Craft Beer Event.

Martin: Ja, das war auch die Idee hinter „Handgemacht“. Ich habe das Gefühl, bei den Brauern gibt es ein gewisses Interesse, das Thema Craft Beer in die Breite zu tragen. Die sagen: Die Bier-Nerds kennen wir. Die werden uns auch bei einem weiteren Event nicht mehr Bier abkaufen, sondern nur unser neuestes Bier. Mit den Foodständen und dem Veranstaltungsort im Prenzlauer Berg können wir ein anderes Publikum ansprechen.

Michael: Deshalb sind wir auch bei der Namenswahl mit Bedacht vorgegangen, statt von „Streetfood“ und „Craft Beer“ sprechen wir von „Junges Brauen trifft Straßenküche“. Ich finde, es gibt da bei dem Begriff „Craft Beer“ gewisse Abnutzungserscheinungen bei den Leuten, zum Teil noch bevor sie es gekostet haben. Das ist wie mit E-Autos. Hat noch keiner gefahren und trotzdem sind alle schon gelangweilt davon.

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(Foto: NAK)