Die Dose hat die Verpackungsindustrie revolutioniert. Vor allem im Lebensmittelbereich. Rund 300 Milliarden Dosen jährlich konservieren Gemüse, Früchte und eben auch Bier. Aluminiumdosen machen dabei etwa 10 % aus, Weißblechdosen 90 %. Bei Getränkedosen sieht das Verhältnis ein wenig anders aus. Aktuelle Zahlen sind nicht bekannt, 2005 lag der Anteil der Getränkedosen aus Alu aber bereits bei rund 50 %. Allein in Europa werden jährlich über 30 Milliarden Bierdosen befüllt. Gerade in der Bierindustrie ist die Aluminiumdose aufgrund ihres geringen Gewichts aber ganz klar auf dem Vormarsch. Mit bis zu 6 bar hält die Getränkedose jeder gängigen Karbonisierung locker stand. Gleichzeitig polarisiert aber im deutschsprachigen Raum kaum ein Biergebinde so sehr, wie die Dose. Man liebt sie, oder man hasst sie. Aber meistens fehlen den Argumenten die Belege. Wir versuchen es darum hier mal mit Fakten.
Die Dose ist ökologisch eine Katastrophe! Wirklich?
Bier aus der Dose schmeckt nicht! Was macht die Dose denn mit dem Bier?
Und giftig ist die Dose auch noch. Tatsächlich?
Kurzum: Leicht hat die Dose es in Deutschland nun wirklich nicht. Und das Dosenbier noch viel weniger. Lange galt es als das Billigbier, das Hau-weg des ungehobelten Biersuffs.
Und dennoch: 2019 wurden rund 3,9 Milliarden Getränkedosen in Deutschland verkauft, Tendenz stark steigend. Davon sind schätzungsweise 60 % Bierdosen. Dabei hat sich die Dose inzwischen wieder einigermaßen von der Einführung des Dosenpfands „erholt“. Kern dieses Artikels sind eine Reihe von Studien, die die Ökobilanzen von Mehrweg-Flaschen und Dosen untersuchen. Sie sind größtenteils mit Vorsicht zu genießen, da sie nicht selten von Interessenverbänden beauftragt wurden. Dennoch kann man die Zahlen oft interpretieren, gerade wenn bekannt ist, wer dahinter steckt.
Was vergleichen wir?
Bier wird üblicherweise in Tanks, in Fässer, in Glasflaschen – Einweg und Mehrweg – in PET-Flaschen oder in Dosen abgefüllt. Wir wollen uns der Einfachheit halber auf Mehrweg-Glasflaschen und Dosen beschränken. Denn schon da wird der Vergleich super umfangreich.
Die Dosen sind entweder aus Aluminium oder aus Weißblech. Während Aludosen (mit unterschiedlichen Epoxybeschichtungen) vermutlich eine höhere Recyclingquote haben – hier variieren die Zahlen, allerdings wird für Alu oftmals die höhere Quote angegeben –und vergleichsweise leicht sind, hält Weißblech (mit Zinn- und Epoxybeschichtung) höhere Temperaturen aus (sterilisieren, konservieren etc.). Gegenüber Glas-Mehrweg sahen die älteren Studien des Umweltbundesamtes (UBA) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IfEU) stets einen unumstrittenen Vorteil für Glas-Mehrweg gegenüber der Dose.
Um einen einigermaßen umfassenden Vergleich der Gebinde zu bekommen, benötigt es eine möglichst genaue Analyse. Dabei sollen die sensorischen Vorteile herausgearbeitet, die Prozessschritte von der Herstellung über den Transport hin zum Recycling betrachtet und der Einfluss auf die Gesundheit und die Sozioökonomie des Menschen zusammengefasst werden. Daneben gibt es natürlich noch eine ganze Reihe von Indikatoren, die wir nicht berücksichtigen konnten – entweder, da sie einen eigenen Artikel wert sind, oder da es einfach keine oder kaum nachvollziehbare Zahlen gibt.
Sensorische Vorteile
Was macht das Gebinde eigentlich mit dem Geschmack? Es ist nachgewiesen, dass die Wahrnehmung von Konsumenten stark durch bereits vorhandene Informationen und Meinungen über Produkte oder Verpackungen beeinflusst wird. Gerade in Deutschland bedeutet das in jedem Fall nichts Gutes für die Dose. Oft gilt sie noch als die Billigverpackung der Discounterbiere (neben der PET-Flasche). Außerdem ist belegt, dass der subjektive Geschmack von Konsumenten davon beeinflusst wird, ob sie das Produkt – in unserem Fall geht es mehr um die Dose oder die Flasche als Produkt, als ums Bier – schon kennen und was sie damit assoziieren.
Auch Erwartung spielt eine große Rolle. Erwarte ich ein Pils und bekomme ein Lambic, zieht sich erstmal alles zusammen. Ganz schön sauer! Dann ist es erstmal egal, ob ich das Lambic eigentlich mag. Das Erlebnis entgegen der Erwartung hat einen negativen Beigeschmack. Das ist sicherlich auch auf das Gebinde übertragbar. Für ein hochwertiges Bier ist gerade in Deutschland die Erwartung oft noch die, dass es in der Glasflasche abgefüllt ist. Es ist also schonmal eine ganze Menge „Vorbelastung“ dabei.
Auch das ist wissenschaftlich untersucht worden. So haben zwei Drittel der Probanden einer Studie angegeben, dass sie die Flasche grundsätzlich gegenüber der Dose bevorzugen. Das Image spielt also eine Rolle. Und sicherlich auch die Haptik – aus der Dose trinken ist einfach anders, als aus der Flasche. Gießt man sich das Bier ins Glas relativiert sich das aber, oder? Schauen wir uns mal die Fakten an: Warum gibt es überhaupt geschmackliche Unterschiede zwischen Dose und Flasche?
Die Dose hat bezüglich der Sensorik zwei ganz entscheidende Vorteile gegenüber der Flasche:
- Sie verlangsamt die Alterung und damit Geschmacksveränderungen des Bieres.
- Sie ist lichtundurchlässig und verhindert einen Sauerstoffeintrag aus der Luft.
Die Lichtundurchlässigkeit verhindert das sogenannte „skunky flavor“ (Stinktier-Aroma) – manchen auch bekannt als Lichtgeschmack (mehr dazu hier!). Gerade Weiß- und Grünglas ist anfällig, aber auch das viel verwendete Braunglas ist nicht ideal.
Außerdem werden durch die Dichtheit der Dose Oxidationsvorgänge vermieden, die den Geschmack negativ beeinflussen. Dabei spielen vor allem Hopfeninhaltsstoffe eine zentrale Rolle. Oxidation führt unter anderem zu Fehlgeschmäckern wie unangenehmer Bitterkeit und Adstringenz oder zu „cardboard flavor“, also einem Aroma, das dem von Pappkartons ähnelt. Hopfenenzyme können außerdem bei Kontakt mit Sauerstoff die Farbe des Bieres beeinflussen.
Jetzt könnte man argumentieren, dass der Kronkorken ja auch dicht ist, das Bier läuft ja schließlich nicht aus. Der ist aber eben für den Lufteintrag nicht 100%ig geschlossen. Daher ist gerade bei hopfenbetonten Bieren die Dose aus sensorischer Sicht klar im Vorteil. Zudem kann sich bei unsachgemäßer Abfüllung Sauerstoff im Hals der Flasche sammeln – ein Problem, dass natürlich auch bei der Dose oberhalb der Flüssigkeit auftreten kann. Moderne Abfüllanlagen haben das aber gut im Griff.
Bei weniger hopfenbetonten Bieren haben Versuche gezeigt, dass untrainierte und bezüglich des Testens von Bier unerfahrene Probanden nicht in der Lage sind, den Unterschied zwischen demselben Bier aus der Dose und einem aus der Flasche herauszuschmecken, sofern diese jeweils in ein Glas gegossen wurden und die Abfülldaten nah beieinander lagen. Einzig bei Weizenbieren haben die Tester signifikante Unterschiede bemerkt, ungeklärt blieb aber woran das lag.
Energiebilanz der Herstellung
Bei der Energiebilanz der Herstellung von Flaschen und Dosen variieren die Angaben extrem. Das hängt mit der unterschiedlichen Herkunft des Rohmaterials zusammen, mit unterschiedlichen Technologien und natürlich mit unterschiedlichen Interessen.
Aluminium wird aus Bauxit gewonnen. Man benötigt laut eines ARD-Berichts zur Herstellung von 1 kg Aluminium etwa 15 kWh Energie. Bei der Herstellung von dosen aus recyceltem Aluminium wird bis zu 95 % weniger Energie gebraucht. Dosenhersteller geben die CO2-Emissionen für eine Aluminiumdose mit 296 kg, für die Weißblechdose mit 302 kg pro 1000 l Füllgut für 0,5 Liter Dosen an.
Glasflaschen werden in erster Linie aus Sand, Kalk und Soda hergestellt. Als Vergleichswert wird von der Deutschen Umwelthilfe angeführt, dass durch Mehrwegflaschen – auf 1000 l Füllgut und 0,5 l Flaschen bezogen – die 400 km weit transportiert werden und 25 mal wiedergefüllt werden, „nur“ 159 kg CO2 produziert werden.
Brendan Koerner, ein renommierter amerikanischer Autor und Journalist, hat im Slate Magazine erläutert, dass die Umweltbelastung einer 12 Flüssigunzen Aludose (ca. 0,354 Liter) in etwa doppelt so Energie-intensiv ist wie eine gleich große Glasflasche: 2,07 kWh für die Dose, 1,09 kWh für die Flasche. Dabei wird allerdings davon ausgegangen, dass das Material zu 100 % „neu“ ist, also kein Recyclingmaterial enthält. Für die Herstellung einer Weißblechdose gibt eine Studie von SwissEduc einen Wert von circa 0,65 kWh an.
Recycling von Bierdosen und Glasflaschen
Die Recyclingquote für Getränkedosen in Deutschland ist laut Verband der Dosenhersteller bei 99 %. Die Aluminiumindustrie spricht von rund 73 % recyceltem Material und 27 % Primäraluminium für die gesamte Dose. Aber auch weniger interessengebundene Studien (Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH (GVM)/Umweltbundesamt mit Daten für Deutschland, Carbotech/Bundesamt für Umwelt Schweiz mit Daten für die Schweiz) gehen von einer Recyclingquote bei Alugetränkedosen von 96 % in Deutschland (GVM) und beispielsweise 91 % (Carbotech) in der Schweiz aus.
Gemäß der IfEU-Studie für die Beverage Can Makers Europe (BCME: Ball Packaging Europe, Crown Bevcan Europe & Middle East und Rexam Beverage Can Europe & Asia) wurden bei der Herstellung, beim Recycling und bei der Distribution folgende Indikatoren gewählt:
- „Fossile Ressourcen“ (große ökologische Priorität)
- „Klimawandel“ (sehr große Priorität)
- „Sommer Smog“ (große ökologische Priorität)
- „Versauerungspotential“ (große ökologische Priorität)
- „Terrestrische Eutropherierung“ (große ökologische Priorität)
- „Aquatische Eutrophierung“ (mittlere ökologische Priorität)
- „Naturraumbedarf: Forstfläche“ (mittlere ökologische Priorität)
- „Naturraumbedarf: Versiegelte Fläche“ (mittlere ökologische Priorität)
- „Kommulierter Prozesswasserverbrauch“ (Sachbilanzgröße)
- „Humatoxizität Feinstaub (große ökologische Priorität)/Krebsrisiko“ (ausgenommen)
- „Fahrleistung LKW“ (Sachbilanzgröße)
- „Primärenergiebedarf gesamt/erneuerbar/nicht erneuerbar“ (Sachbilanzgröße)
In der IfEU-Studie wird die Recyclingquote für 0,5 l Alu- und Weißblechdosen mit jeweils ca. 95 % angegeben, die Rücklaufquote liegt jeweils bei 96 %. Die Recyclingquote in der Schweiz für Aludosen (Bier) liegt bei 91 %, für Weißblechdosen bei 86 % (Carbotech). Die European Aluminium Association spricht bei Aluminium-Getränkedosen europaweit von einer Recyclingquote von 75 %. Das zeigt, dass die Quote in anderen Ländern mit anderen Pfandsystemen oftmals deutlich unter denen von Deutschland oder der Schweiz liegen.
Aus den recycelten Dosen werden aber nicht immer neue Dosen. Gerhard Kitschig vom Umweltbundesamt hat der ARD erläutert, dass in Dosen in Deutschland tatsächlich eher 50 bis 70 % Recyclingmaterial eingesetzt werden. Laut Koerner enthält die durchschnittliche Dose rund 40 % Recyclingmaterial. Einige Hersteller geben deutlich mehr an.
Die Recyclingquote von Glas ist geringer als von der Dose. Bierflaschen enthalten laut Koerner etwa 20 bis 30 % recyceltes Glas (unklar ist, ob das nur auf die USA zutrifft, oder auf die Weltproduktion). Die Energieeinsparungen beim Recycling von Alu und Glas unterscheiden sich aber gewaltig. Während bei der Dose rund 95 % eingespart werden können, sind es bei der Glasflasche nur 26,5 %. Das IfEU (BCME-Studie) gibt für Deutschland eine Recyclingquote von 65 % für Braunglas-Bierflaschen an.
Problematisch beim Recycling von Aluminiumdosen sind die Beschichtungen und Lacke, da sie Stoffe enthalten, die mit dem Aluminium reagieren. Die Trennung ist extrem aufwendig und großer Teil der Forschung in Aluminium verarbeitenden Betrieben.
Laut Umweltbundesamt sind etwa 82 % aller Bierflaschen in Deutschland Mehrwegflaschen. 85 % aller Mehrweg-Flaschen wiederum sind sogenannte Pool-Flaschen, das heißt sie haben ein einheitliches Format und können von vielen Brauereien genutzt werden (NRW, Longneck etc.). Individualflaschen decken demnach 15 % des Mehrweg-Bierflaschen-Marktes ab.
Die Zahl der Wiederverwendung von Mehrweg-Bierflaschen variiert stark. Während die Carbotech-Studie im Jahr 2014 bereits von einer Umlaufzahl von etwa 25 spricht, hat die aktuellste Studie des UBA und des IfEU aus 2016 die Umlaufzahlen von o,5 l NRW-Mehrweg-Bierflaschen im Vergleich zu älteren Studien drastisch reduziert. In dem Papier von 1995 wurde noch von eine Wiederverwendung von 50 mal gerechnet, während die aktuellen Ergebnisse der Carbotech-Studie entsprechen und ebenfalls von einer durchschnittlichen Umlaufzahl von 25 ausgehen. Da diese Zahl empirisch bestimmt wurde, wird vom IfEU davon ausgegangen, dass diese Zahl häufig noch überschätzt ist.
Eine viel diskutierte Studie der Unternehmensberatung Weihenstephan GmbH (Tochter von Deloitte Consulting), die sogenannte „Deloitte-Studie“ (2014), in Auftrag gegeben von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. und dem Handelsverband Deutschland e.V., geht von folgenden Umlaufzahlen aus:
- 42 bei 0,5 l NRW-Bier-Flaschen
- 27 bei 0,33 l Longneck-Bier-Flaschen
- 33 bei 0,5 l Longneck-Bier-Flaschen
- 34 bei 0,33 l Bügel-Flaschen
- 46 bei 0,5 l Bügel-Flaschen
- 19 bei 0,33 l Individual-Bier-Flaschen
- 25 bei 0,5 l Individual-Bier-Flaschen
- 39 bei 0,33 l Vichy-Bier-Flaschen
- 49 bei 0,5 l Euro-Bier-Flaschen
- 34 bei 0,33 l Steini-Bier-Flaschen
Deloitte geht bei Poolflaschen von einer durchschnittlichen Umlaufzahl von 36 aus, bei Individualflaschen von 23. In einem Worst-Case-Szenario, bei dem Fremdflaschen als Fehlflaschen beziehungsweise Leergefache gewertet werden (also vernichtet werden), liegt die durchschnittliche Umlaufzahl für Poolflaschen bei 8, für Individualflaschen bei 4.
Eigene Anfragen an Großbrauereien unsererseits haben ergeben, dass die Zahlen extrem schwanken (zwischen unter 10 und bis zu 80).
Eine Stellungnahme der „Mehrweg-Allianz“ (Deutsche Umwelthilfe, Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V., Initiative Mehrweg, Private Brauereien Deutschland, Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels e.V.) kritisiert die zuvor genannte „Deloitte-Studie“. Kritikpunkte sind die „eingeschränkte Repräsentativität der erhobenen Umlaufzahlen“, „systematische Fehler der angewendeten Produktionsrechnung“ und die „wiederholte Darstellung unrealistischer Extremwerte für Umlaufzahlen“. Zudem besagt die Stellungnahme, dass „die ersten 10 Umläufe für das ökobilanzielle Ergebnis entscheidend sind.“
Auch die vom BCME beauftragte IfEU-Studie bestätigt, dass der Vorteil der Mehrweg-Flaschen in etwa bei einer Umlaufzahl von 10 entsteht, insbesondere bei einer Distributionsentfernung von 100 km. Aber auch bei 400 km ist erkennbar, dass die Mehrweg-Flasche mit steigender Umlaufzahl mehr Vorteile bei den genanten Indikatoren erhält. Besonders gegenüber der Weißblechdose stellt sich der Vorteil schon bei kleiner Umlaufzahl.
[Exkurs zur Allokation aus der IfEU-Studie: „Bei Anwendung der 100:0-Allokation werden Gutschriften für Sekundärmaterialien vollständig (also zu 100%) dem abgebenden System zugeordnet. Diese Methode wird von der Metallindustrie stark priorisiert [Atherton 2007, EAA 2005]. Die Frage, in welchem Produkt der Wiedereinsatz des Rezyklats erfolgt, spielt bei diesem Allokationsansatz keine Rolle. […] Die „50:50“-Methode wurde als Standardverfahren in den Getränkeverpackungsökobilanzen Phase II [UBA 2000, UBA 2002] angewandt. Der Nutzen für Sekundärmaterialien wird bei dieser Methode im Verhältnis 50:50, also paritätisch, zwischen dem abgebenden und dem aufnehmenden System aufgeteilt.“]Da das Pfand für Mehrwegflaschen mit 8 Cent deutlich geringer ist, als bei Dosen mit 25 Cent, gehen Unmengen an Flaschen „verloren“, das heißt sie gehen nicht zurück an die Brauereien, sondern landen im Altglas oder im Haushaltsmüll. Außerdem ist die Anzahl an unterschiedlichen Flaschen ein Riesenproblem, dazu aber später mehr.
Heute kann neues Glas in Deutschland aus bis zu 80 % recyceltem Glas bestehen. Besonders arbeitsintensiv ist allerdings die Sortierung. Bereits zwei Grünflaschen können bis zu eine Tonne Weißglas verfärben und machen dies unbrauchbar. Die Zutaten, also vor allem Altglas, Sand, Kalk und Soda verschmelzen dann bei 1600 °C. So können im Vergleich zur Neuglasherstellung laut ARD-Bericht rund 50 % der Energie gespart werden, denn Glas schmilzt schneller als Sand (zum Vergleich: Koerner ging von etwas über 25 % Einsparung aus). Dafür bleiben die riesigen Öfen immer aufgeheizt, da sonst ein 25 Meter langer und 10 Meter hoher Ofen rund 2 Wochen benötigt, um wieder auf die gewünschte Temperatur zu kommen.
Transport- und Platzvorteile
Einigkeit herrscht beim Transport, beziehungsweise beim Einfluss der Entfernung der Brauerei zu zwischenlagern und Endkunden – zumindest insofern, dass die Dose mit wachsender Entfernung eine sich deutlich verbessernde Ökobilanz gegenüber der Glasflasche hat. Das wesentlich geringere Gewicht der Dose und die bessere Stapelbarkeit sprechen eindeutig für die Dose:
- Alu: knapp 13 g für die 0,33 l Dose und knapp 17 g für die 0,5 l Dose
- Weißblech: knapp 27 g für die 0,33 l Dose und knapp 32 g für die 0,5 l Dose
- Longneck-Glasflasche: 220 g für die 0,33 l Flasche und 385 g für die 0,5 l Flasche
Die jeweiligen Gewichtsangaben können leicht variieren, da sich Produktionsverfahren stetig verbessern. Als Anhaltspunkt kann aber von den oben angegeben Gewichten ausgegangen werden.
Auf eine Europalette passen weit mehr rund 2,5 mal so viele 0,33 l Dosen, wie 0,33 l Glasflaschen (2376:960), bei 0,5 l Gebinden ist die Zahl der Dosen nahezu doppelt so groß (1512:800). Da sich die Stapelhöhe teilweise unterscheidet, kann sich das Verhältnis leicht ändern. Dementsprechend passen 42336 0,5 l Alu-Dosen auf einen 40 Tonnen Sattelzug. Zum Vergleich: Auf selbigen Sattelzug passen 22400 0,5 l Mehrweg-Flaschen. Ebenso wichtig ist aber der Gewichtsunterschied. Jede 0,5 l Alu-Dose ist 368 g leichter, als eine 0,5 l Longneck-Flasche. Lässt man die restliche Verpackung, also Trays, Kisten, Paletten etc. außen vor, ist die Aludose um rund 42 % leichter – die Weißblechdose ist um etwa 40 % leichter. Aber ab wann kann die Dose die Nachteile der Herstellung ausgleichen? Ist das überhaupt möglich?
Bier hat teilweise einen langen Weg hinter sich, bevor ihr die Flasche oder die Dose in der Hand haltet. Aus der Brauerei geht es im Idealfall direkt in die Gastronomie, den Getränkemarkt, den Lebensmitteleinzelhandel oder an den Kunden. Teilweise sind aber auch Zwischenhändler, der Getränkegroßhandel oder Lagerstätten zwischengeschaltet. Das steigert logischerweise die Transportwege.
Zwei verschiedene Studien haben sich ausführlich mit unterschiedlichen Distributionswegen befasst. Zum einen die Studie des IfEU (BMCE), zum anderen die des GVM.
Die Studie des GVM hat eine durchschnittliche Entfernung zwischen Brauerei und Kaufort des Konsumenten von Mehrweg-Bierflaschen (0,33 l und 0,5 l) von 210 km (nur Hin) errechnet. Dennoch ist der Verbrauch im Umkreis von unter 50 km von der Brauerei mit knapp 25 % am höchsten. Das GVM hat anschließend nochmal gröber in Nah-, Regional- und Fernbereich eingeteilt. Dabei wurden zwei unterschiedliche Einteilungen gewählt:
- Variante 1:
- Nahbereich = 0 bis 150 km
- Regionalbereich = 151 bis 450 km
- Fernbereich = größer als 450 km
- Die Verbrauchsanteile sind wie folgt verteilt:
- Nahbereich: 49,6 %
- Regionalbereich: 36,4 %
- Fernbereich: 14 %
- Die Verbrauchsanteile sind wie folgt verteilt:
- Variante 2:
- Nahbereich = 0 bis 100 km
- Regionalbereich = 101 bis 400 km
- Fernbereich = größer als 400 km
- Die Verbrauchsanteile sind wie folgt verteilt:
- Nahbereich: 37 %
- Regionalbereich: 45,6 %
- Fernbereich: 17,3 %
- Die Verbrauchsanteile sind wie folgt verteilt:
Der Einfluss der Entfernungen auf die Ökobilanz wird nicht näher betrachtet. Die Daten dienen somit mehr als Grundlage für weitere Studien.
Der Verband Privater Brauereien spricht sogar davon, dass 89 % des Bieres in Mehrwegflaschen im Umkreis von unter 50 km vertrieben werden. Für Mehrwegflaschen, die 400 km weit transportiert und 25 mal wiederbefüllt werden, liegt der CO2-Ausstoß bei 159 kg.
Die stark kritisierte Studie des IfEU (BMCE) kommt zu dem Schluss, dass bei gleichen Flaschen- beziehungsweise Dosenvolumina die Ökobilanz der Flaschen in der Regel besser ist. Untersucht wurden 0,5 l Gebinde. Allerdings stellt sie auch fest, dass der Transport eine entscheidende Rolle spielt. Wird das Bier „quer durch die Republik“ transportiert gleichen sich demnach die Ökobilanzen von Mehrweg-Flaschen und Getränkedosen an. Besonders bei kleineren Gebindegrößen ist der Einfluss durch das Verhältnis vom Gewicht des Gebindes zur Füllmenge besonders groß.
Die IfEU-Studie untersucht zwei verschiedene Szenarien. In Szenario 1 ist die Distributionsentfernung bei 100 km, in Szenario 2 bei 400 km (Allokationsfaktoren: 100 %, 50 %). Logischerweise ist der wichtigste Indikator, der für die Dose spricht, die „LKW-Fahrleistung“. Die nachfolgenden Tabellen zeigen die Ergebnisse der Studie für die beiden Distributionsentfernungen 100 km und 400 km bei einer Allokation von 100 % und 50 %:
Klar zu erkennen ist, dass bei einer Distributionsentfernung von 100 km bei fast allen Indikatoren ein Vorteil bei der Glas-Mehrweg-Flasche liegt. Ausnahmen bilden nur die „Fahrleistung LKW“, sowie der „Naturraumbedarf: versiegelte Fläche“. Der Vorteil für die Dosen resultiert in erster Linie aus dem erhöhten Transport durch den Leergut-Transfer. Die leeren Flaschen müssen zurück zu den Abfüllern und Brauereien. Außerdem ist, wie schon gesagt, der Gewichts- und Auslastungsvorteil beim Transport klar auf Seiten der Dosen.
Bei einer Distributionsentfernung von 400 km ändert sich das Gesamtbild in der IfEU-Studie, zumindest im Vergleich von Aludosen mit Mehrweg-Flaschen. Im Signifikanzbereich von 10 % weist die Alu-Dose gegenüber der Mehrweg-Flasche Vorteile in den Bereichen „Fossile Ressourcen“, „Terrestrische Eutrophierung“, „Humantoxizität: Feinstaub“, „Fahrleistung LKW“ und „Naturraumbedarf: Versiegelte Fläche“ auf. Allerdings muss beachtet werden, dass die Vorteile in diesen Bereichen deutlich geringer ausfallen, als die Vorteile der Mehrweg-Flaschen in der übrigen signifikanten Bereichen. Die Weißblechdose kann sich gegenüber der Mehrweg-Flasche nur Vorteile in den Bereichen „Terrestrische Eutrophierung“, „Fahrleistung LKW“ und „Naturraumbedarf: Versiegelte Fläche“ sichern.
Bei einer Allokation von 50 % und einer Entfernungen von 100 km ändern sich die Ergebnisse nicht in der Ausrichtung, aber im Wert zugunsten der Glas-Mehrweg-Flaschen. Etwas differenzierter sieht es bei einer Distributionsentfernung von 400 km aus. Insbesondere bei der Aludose verschlechtert sich die Bilanz deutlich gegenüber der Mehrweg-Flasche.
Aber nicht nur die Lieferung der Brauerei zum Kunden ist umweltschädlich. Denn mindestens ebenso problematisch ist der Rücktransport der leeren Flaschen und die Aufteilung der Flaschen nach Farbe und Form. Besonders grüne Flaschen sind aufwendig zu recyceln, da zur Färbung beispielsweise Kupfer und Eisen genutzt werden.
Deloitte (2013) hat in Zusammenarbeit mit der GVM und dem IfEU die durchschnittlichen Gesamtdistributionsentfernungen von Glas und Dosen berechnet. Individualflaschen (Bier) werden demnach durchschnittlich 537 km transportiert, Poolflaschen 419 km. Brauereien mit einem Ausst0ß von unter 50.000 Hektolitern („lokale Brauereien“) transportieren ihre Gebinde rund 154 km im Durchschnitt, größere Brauereien 500 km. Dosen (Bier) kommen auf 327 km (inklusive Leerfahrten). Die Studie kommt außerdem zu dem Schluss, dass Leergut-Fahrten länger sind, als Vollgut-Fahrten.
Eine 2009 im International Journal of Life Cycle Assess erschienene Studie hat für zwei verschiedene Distributionsfälle Glasflaschen und Aludosen miteinander verglichen:
- 100 km, Alu-Recyclingrate: 95 %, Umlaufzahl Mehrweg-Flasche: 25, 100 % Allokation
- 680 km, Alu-Recyclingrate: 95 %, Umlaufzahl Mehrweg-Flasche: 25, 100 % Allokation
Einbezogen wurde die Entsorgung und das Recycling, die Distribution, das Befüllen, das Recycling der gebrauchten Dosen, Sekundär- und Tertiär-Verpackungen, Plastikproduktion, Labelproduktion, Deckelproduktion, Gebindekörperproduktion, das Aluschrott-Recycling, die Alublech-Produktion und die Primäraluminium- (Dose) beziehungsweise Primärstahlproduktion (Kronkorken).
Bei 100 km ist das Ergebnis eindeutig. Die Mehrweg-Flasche ist in allen Bereichen („Klimawandel“, „Versauerung“, „Terrestrische Eutrophierung“, „Sommer Smog“, „Aquatische Eutrophierung“ und „Fossile Ressourcen“) im Vorteil gegenüber der Aludose.
Bei 680 km ändert sich das Ergebnis und die Mehrweg-Flasche hat nur noch Vorteile in den Bereichen „Sommer Smog“ und „Aquatische Eutrophierung“.
Jedem Fläschchen sein Kästchen
Ein großes, vor allem ökologisches, aber auch finanzielles Problem ist die Menge an unterschiedlichen Flaschen. Besonders Individualflaschen müssen zu eben genau jener Brauerei zurück, deren Logo oder Schriftzug auf der Flasche prangt. Zwar machen die beiden meist genutzten Mehrweg-Flaschen in der Bierindustrie (NRW, Longneck) etwa zwei Drittel aus, dennoch ist der übrige Anteil alles andere als verkennbar. Insgesamt gibt es laut GS1 Germany rund 1500 verschiedene Mehrwegflaschen (nicht nur Bier). Der Spiegel spricht von einem Wandel in der Mehrwegflaschen-Nutzung von Brauereien, der 2007 begonnen hat, mit der Produktion von individuellen Flaschen der Radeberger Gruppe. Weitere große Brauereien zogen nach. Das verursacht gerade für mittelgroße Brauereien, die eigene Sortier- und Waschanlagen haben, enorme Kosten.
Aktuell sind in Deutschland über 120 verschiedene Bierflaschen im Einsatz. Und es werden immer mehr. Kommen die richtigen Flaschen also nicht gleich auf dem direkten Weg zurück in die entsprechenden Brauereien, werden die Flaschen aus Kostengründen oftmals entsorgt, oder sie werden weitergeleitet an Unternehmen die alles sortenrein sortieren und für mehr als den Pfandwert an die Brauereien weiterverkaufen. Laut GVM sind die Verluste von Longneck- und Individualflaschen besonders hoch. Insgesamt sind die Verluste von Individualflaschen prozentual höher als von Poolflaschen.
Sozioökonomie der Herstellung
Der Bauxitabbau gilt als extrem problematisch. In den Abbauländern verursacht er immer wieder Umweltschäden durch großflächige Eingriffe in die Natur. Pro Tonne Aluminium entstehen laut Deutscher Umwelthilfe rund 1,5 Tonnen giftiger Rotschlamm. Welche Folgen das haben kann, zeigt sich etwa am Batata See in Brasilien, wo eine der größten Bauxitminen der Welt Rotschlamm einleitet und so zum Sterben zahlloser Tier- und Pflanzenarten führte. Außerdem können – wie beim Weißblech auch – Erzstäube beim Transport in die Umwelt gelangen.
Die Hauptförderländer von Bauxit sind heutzutage Australien, China, Brasilien und Indien. Aber auch in Kolontar, einer kleinen Stadt in Ungarn, wird Bauxit abgebaut. Welche folgen der Abbau haben kann, zeigt ein Unglück, bei dem am 04.10.2010 ein Damm eines Auffangbeckens des hochgiftigen Rotschlamms gebrochen ist. Mehrere Ortschaften wurden von der Schlammlawine überflutet. Der hohe Anteil an Natronlauge sorgte dafür, dass die Flüssigkeit einen pH-Wert von 13 hatte und extrem ätzend war. 10 Menschen starben, die langfristigen Folgen können noch nicht abgesehen werden.
Grundsätzlich ist eine sichere und umweltneutrale Lagerung des Rotschlamms möglich, aber selbst in Europa werden diese Standards oft nicht eingehalten.
Weißblechdosen werden aus Stahlbändern geformt. Die Grundmaterialien sind Eisenerz, Koks, Legierungsstoffe und Zusatzstoffe wie Kalk. Beschichtet werden sie mit Zinn und innen mit Epoxy. Für den Abbau von Bauxit oder Eisenerz werden immer wieder große Waldflächen gerodet und Flüsse verschmutzt.
Auch beim Abbau von Sand und Kalk wird in die Umwelt eingegriffen. Besonders Sand gilt inzwischen als einer der wichtigsten Rohstoffe. In der Bauindustrie ist Sand gefragter denn je. Gerade Küsten- und Flusslandschaften leiden laut UN Environment Programme dadurch extrem.
Macht die Dose krank?
Immer wieder tauchen Informationen auf, dass Materialien, die für die Dose genutzt werden, giftig sind. Oft wird von erhöhtem Krebsrisiko gesprochen. Dies soll in erster Linie durch Benzo(a)pyrene, ein Stoff der bei der Primäraluminiumherstellung entsteht, verursacht werden. Allerdings ist nicht die fertige Dose die Gefahr, sondern vielmehr der Herstellungsprozess. Die Gefahr liegt also bei Beschäftigten in gewissen Bereichen der Aluminiumherstellung. Auch Schwermetallemissionen spielen eine Rolle. In der IfEU-Studie wird explizit gesagt, dass die Werte „aufgrund von Asymmetrien der verwendeten Inventardatensätze“ nicht in die Ergebnisse der Studie eingehen.
Grundsätzlich, so steht es in der im Ärzteblatt veröffentlichten Studie „Gesundheitliche Auswirkungen einer Aluminiumexposition“, wird Aluminium täglich mit der Nahrung aufgenommen, es ist in Deos oder als Adjuvans in Impfstoffen. Ergebnis der Studie war es, dass festgelegte Grenzwerte überschritten werden können (es wird dabei kein Bezug zur Getränkedose hergestellt!). So zum Beispiel, wenn man als Aluminiumschweißer tätig ist. Hier kam es zur Leistungsabnahme bei neuropsychologischen Tests. Ob Aluminium krebserregend ist, konnte aufgrund fehlender Daten nicht festgestellt werden. Die Studie beschreibt also eher den allgemeinen Einfluss von Aluminium auf die Gesundheit, die Getränkedose hat damit aber in ihrer Verwendung erstmal nichts zu tun – vorausgesetzt, sie gibt kein Alu an das Produkt ab. Dazu später mehr.
Immer wieder wird die Aufnahme von Aluminium mit Alzheimer in Verbindung gebracht. Alzheimer Patienten weisen häufig einen erhöhten Aluminiumgehalt im Gehirn auf. Außerdem soll es Nierenleiden verursachen können.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat den Grenzwert für die wöchentliche Aufnahme von Aluminium mit 1 mg Aluminium pro kg Körpergewicht für einen 60 kg schweren Erwachsenen festgelegt. Dieser Wert wird oft schon mit der Aufnahme von Nahrung erreicht. Dennoch beschreibt die Studie: „Die akute Toxizität von Aluminium ist gering“, und bezieht sich dabei auf eine WHO-Studie.
Weitere Studien haben ergeben, dass die jeweilige Beschichtung (Epoxidharz bei Getränkedosen) der Dosen das Produkt vor dem Metall schützt, sowohl bei Weißblech mit Zinnbeschichtung, als auch bei Aluminiumdosen.
2008 haben WissenschaftlerInnen herausgefunden, dass Aluminium von Dosen in Bier übergehen kann. Die Dosen waren innen mit einer Polymer-Schicht überzogen. Nach 7 Monaten hat sich der Aluminiumgehalt in der Dose um 0,14 mg pro Liter erhöht. Bei beschädigten Dosen stieg der Wert um 0,17 mg pro Liter. Zum Vergleich: Der maximale Aluminiumgehalt in Trinkwasser darf laut WHO 0,2 mg pro Liter nicht überschreiten. Ein anderer Richtwert der WHO und der European Food Safety Authority (EFSA) sagt, dass die wöchentliche Aluminiumaufnahme 1 mg pro kg Körpergewicht nicht überschreiten soll. Das Gesamt-Aluminium in Bier stammt aber nicht nur von der Dose. Schon die Rohmaterialien bringen einen Aluminium Eintrag ins Bier. In anderen Getränken, wie beispielsweise Tee, ist durch den Rohstoff schon deutlich mehr Aluminium im Getränk als im Bier nach der 7 monatigen Lagerung.
Die meisten Speisen und Getränke weisen deutlich höhere Aluminiumgehalte auf, als Bier aus Aludosen. In Zerealien liegt der Wert beispielsweise zwischen 1 und 737 mg pro kg.
Für das Zinn, mit dem die Weißblechdosen überzogen sind, wird als Grenzwert die wöchentliche Aufnahme 14 mg pro kg Körpergewicht empfohlen. Maximalwerte für Zinn in Nahrung liegen typischerweise bei 250 mg pro kg, für Getränke bei 150 mg pro kg. Durch die Epoxybeschichtung ist das Produkt aber auch bei der Weißblechdose gut geschützt.
Kommen wir zu guter Letzt zu einem nachgewiesenen gesundheitlichen Problem der Beschichtung. Oftmals enthält die Bisphenol A (BPA), ein Stoff mit hormonähnlicher Wirkung. Es kann unter anderem die Gehirnentwicklung und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder Herz- Kreislauf Erkrankungen und Diabetes hervorrufen.
BPA kann theoretisch ins Lebensmittel übergehen. In Nahrung wurden in 71 von 78 Proben Spuren von BPA nachgewiesen. Die Werte variierten zwischen 0,0026 und 0,73 mg pro kg. Die EU hat den Grenzwert in Lebensmitteln vor kurzem auf 0,05 mg pro kg gesenkt. Die Aufnahme sollte 0,004 mg pro kg Körpergewicht pro Tag nicht überschreiten. Für Babyflaschen BPA ist inzwischen in der EU ganz verboten. Dennoch sagt die EFSA ausdrücklich, „dass BPA bei der derzeitigen lebensmittelbedingten Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt (einschließlich ungeborener Kinder, Kleinkinder und Jugendlicher).“
Dennoch tüfteln die Dosenhersteller schon seit längerer Zeit an einer BPA-freien Beschichtung. So sind beispielsweise die empfohlenen Aludosen großer Dosenhersteller inzwischen mit BPA-freiem Epoxy beschichtet.
Fazit
Aus sensorischer Sicht hat die Dose klare Vorteile gegenüber der Mehrweg-Flasche. Gerade grüne oder weiße Bierflaschen sind aufgrund ihrer Lichtdurchlässigkeit kein geeignetes Biergebinde. Bier aus Braunglas-Flaschen ist für den „Lichtgeschmack“ nicht so anfällig. Bei wenig gehopften Bieren haben Probanden in Blindverkostungen keine signifikanten Unterschiede zwischen Dosen- und Flaschenbier geschmeckt. Anders ist es bei stark gehopften Bieren. Hier ist die Dose aufgrund von Oxidationsreaktionen mit dem Hopfen eindeutig die bessere Wahl. Ob Alu oder Weißblech besser ist, ist nicht eindeutig festzustellen, hängt aber vermutlich vielmehr mit der Beschichtung zusammen.
Für die Ökobilanz der Mehrweg-Flasche ist es von entscheidender Bedeutung, wie hoch die Umlaufzahl ist. Einweg-Flaschen haben im Vergleich mit der Dose und Mehrweg-Flaschen die schlechteste Ökobilanz. Das freigesetzte CO2 der Herstellung für die Dosen liegt bei Alu und Weißblech bei etwa 300 kg pro 1000 l Füllgut bei 0,5 l Dosen. Für eine Mehrweg-Flasche wird dieser Wert bereits bei der dritten Wiederverwendung unterschritten.
Für den Energieverbrauch haben wir auf den Artikel von Brendan Koerner und einen ARD-Bericht zurückgegriffen. Koerner sagt, dass die benötigte Energie der Flaschenherstellung in etwa halb so Energie-intensiv wie die der Aluminiumdosen-Herstellung ist. Allerdings wird von 100 % Neumaterial ausgegangen. Anhand der Recyclingzahlen kann aber davon ausgegangen werde, dass der Wert für die Aludosen nahezu halbiert werden kann. Die Weißblechdose benötigt bei der Herstellung am wenigsten Energie. Daten über die Ersparnis durch Recycling liegen uns nicht vor. Da trotz völlig unterschiedlicher Angaben bezüglich der Umlaufzahlen von Mehrwegflaschen davon auszugehen ist, dass die Umlaufzahl deutlich höher als 3 liegt, ist die Mehrweg-Flasche – betrachtet man nur die Herstellung – ökologisch vorteilhafter als beide Dosenarten.
Wirklich kompliziert wird es beim Recycling. Die Zahlen variieren stark. Je nach Interesse wirken viele Zahlen mehr oder weniger willkürlich. Grundsätzlich sind die Recyclingquoten für Dosen in Deutschland – vor allem durch das hohe Dosenpfand – sehr hoch. Nahezu alle Studien gehen für Aludosen von Werten über 90 % aus, bei Weißblech sind es vermutlich über 85 %. Diese fließen aber nicht eins zu eins in neue Dosen. Anhand der gefundenen Zahlen, ist davon auszugehen, dass rund 40 bis 70 % in neue Dosen fließen. Für neue Mehrweg-Flaschen ist unklar, wie viel recyceltes Material verwendet wird. Zwischen rund 25 und 80 % gibt es stark unterschiedliche Zahlen. Zudem sind die Energieeinsparungen durch das verwendete recycelte Material deutlich kleiner als bei Dosen. Einigkeit scheint aber insofern zu herrschen, dass der CO2-Ausstoß pro 1000 l Füllgut bei Mehrweg-Flaschen ab 10 Umläufen relativ konstant bleibt.
Ein Riesenproblem ist allerdings die Vielzahl an Mehrweg-Flaschen, besonders die Individualflaschen. Gerade für kleinere Brauereien ist es wirtschaftlich häufig einfacher, Individualflaschen zu entsorgen, als sie zu sammeln und zurück an die entsprechende Brauerei oder in Verteilzentren zu senden. Ende 2019 hat die FAZ sich auf einen Bericht aus der Lebensmittelzeitung bezogen, der besagt, dass Pfandrückstellung für sogenannte Poolflaschen, die noch im Umlauf sind, in den Bilanzen der Brauereien zukünftig nicht mehr möglich sind. Dies würde einmalig den Gewinn erhöhen – natürlich nur auf dem Papier – und die zu zahlende Steuer erhöhen. Der Grund, warum dies für Individualflaschen nicht zählt ist einfach: Individualflaschen gehören rechtlich noch der Brauerei, Poolflaschen gehören nach dem Kauf dem Verbraucher. Den Brauereien entstehen laut Deutschem Brauerbund Kosten im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Im Bereich Recycling ein Urteil zu fällen, ist nicht leicht. Prinzipiell sind die Quoten bei der Dose höher als bei Glasflaschen. Andererseits sind die Umlaufzahlen nichts anderes als Recycling mit sehr geringem Aufwand. Zwar ist die Belastung durch Sortier- und Reinigungsmaschinen nicht zu unterschätzen, dennoch sind hohe Umlaufzahlen und einheitliche Flaschen erstrebenswert. Aber auch Unternehmen, die Aluminium und Weißblech recyceln, arbeiten an immer effizienteren Methoden.
Neben der Sensorik liegen die großen Vorteile der Dose im Transport. Durch das deutlich geringere Gewicht und die besser stapelbare Form der Dose ist sie deutlich besser für den Transport geeignet. Dadurch kann die Dose logischerweise ökologische Nachteile aus der Herstellung ausgleichen. Die Frage, die wir uns gestellt haben, ist aber, wann sich die Bilanzen von Dose und Mehrweg-Flasche angleichen, und ob sie sich überhaupt angleichen.
Die vom BCME beauftragte Studie des IfEU zeigt, dass bei einem Allokationsfaktor von 100 % ab 400 km Distributionsentfernung mehr und mehr Indikatoren vor allem zugunsten der Aluminiumdose wechseln. Allerdings ist der Allokationsfaktor von 50 % realistischer. Da wird klar, dass bei 400 km die Mehrweg-Flasche noch deutlich mehr Vorteile hat. Die Tendenz lässt aber darauf schließen, dass die Aludose bei 500 bis 1000 km Distributionsentfernung nach und nach die bessere Ökobilanz aufweisen kann, als die Mehrweg-Flasche – allerdings auch hier wieder in Abhängigkeit der Umlaufzahl. Das bestätigt auch die Studie aus dem International Journal of Life Cycle Assess.
Die Carbotech-Studie vergibt abschließend für ihr Fazit Umweltbelastungspunkte pro Verpackung für 1 Liter Bier. Das Ergebnis ist in der folgenden Tabelle abgebildet.
Man erkennt, dass Glas-Mehrweg in der 0,5 Liter Flasche die Umwelt am wenigsten belastet, gefolgt von Glas-Mehrweg 0,33 Liter und der Aludose 0,5 Liter, die beide in etwa die selbe Punktzahl erreichen. Etwas schlechter schneidet die Aludose 0,33 Liter ab. Deutlichere Umweltbelastungen weist die Blechdose auf.
Aus sozioökonomischen Sicht ist Aluminium vermutlich das schlechteste der drei Produkte. Der entstehende Rotschlamm bedroht oftmals ganze Regionen. Allerdings liegt das oft nicht per se am Material, sondern vielmehr daran, wie mit den Giftstoffen umgegangen wird. Aber auch bei der Weißblech Produktion und bei der Glasproduktion treten teilweise erhebliche Umweltschäden auf. Diese sind aber schwer messbar und wurden nicht genauer untersucht.
Ist die Dose denn nun giftig? Erstmal vorab: Die Aluminiumaufnahme ist nachgewiesener Maßen schädlich für den Menschen. Aber: Die Dose gibt nur unter bestimmten Umständen (Beschädigungen) überhaupt Aluminium an das Bier ab. Und selbst wenn das der Fall ist, sind die Mengen sehr gering. Aktuelle Studien belegen außerdem, dass die Aluminiumaufnahme bei einer ganzen Reihe von Nahrungsmitteln schon durch die Rohstoffe deutlich höher ist (z.B. Tee), als bei Bier, dass mehrere Monate in der Dose lagerte. Das heißt, Aluminium ist schon ganz natürlich in vielen Lebensmitteln vorhanden. Aus gesundheitlicher Sicht muss man außerdem alte Dosen ganz klar von neuen unterscheiden. Besonders im Bereich der Beschichtung hat sich vieles weiterentwickelt. So werden heute vermehrt BPA-freie Epoxybeschichtungen verwendet. Eine Gefährdung liegt laut EFSA nicht vor.
Aufgrund fehlender Informationen wegen der hohen Komplexität konnten wir nicht alle Einflussfaktoren berücksichtigen. Daher fehlt beispielsweise der Einfluss von Kühlketten oder die Marketingwirkung. Auch konnte die Bierflaschen-Reinigung nicht einbezogen werden. Verluste bei der Abfüllung wurden ebenfalls nicht eingerechnet. Zudem stehen viele der verwendeten Studien unter teilweise scharfer Kritik unterschiedlicher Initiativen.
Und jetzt? Es gibt es kein eindeutiges Ergebnis. Anhand der betrachteten Punkte kann man aber dennoch sagen, dass die Mehrweg-Flasche bei sinngemäßer Verwendung (die nicht immer gegeben ist) für den regionalen und in vielen Ländern nationalen Markt das bessere Gebinde ist, sofern die Brauereien von zu vielen Individualflaschen absehen. Eine einheitliche Flasche mit maximal vielen Umläufen wäre für den regionalen Markt aktuell das perfekte Biergebinde für den Zuhause-Bier-Trink-Bedarf.
Es gibt aber Ausnahmen. Bei langen Transportwegen gleichen sich die Ökobilanzen von Flaschen und Dosen an. Die Dose – besonders die Aluminiumdose – kann dann, so wie es aktuell scheint, sogar das bessere Produkt sein. Damit die Dose auch auf dem regionalen Markt ökologisch mithalten kann und ihre sensorischen Vorteile auch hier ausspielen kann, ist es entscheidend, dass der Herstellungsprozess deutlich verbessert wird und mehr recyceltes Aluminium verwendet wird. Ähnliches gilt für die Weißblechdose.