BRAUDER: Die Allesselbermacher

Thomas Bassen

Nur Bier brauen, ist nicht genug, finden die drei Jungs von Brauder aus Bargteheide bei Hamburg. Sie wollen auch die Zutaten selbst herstellen. Wollen von Anfang bis Ende an der Wertschöpfungskette der Bierherstellung beteiligt sein. Einfach, weil es bockt. Zu Besuch im vielleicht nördlichsten Hopfengarten Deutschlands.

Im Frühjahr 2018 ist es soweit. Ein Bagger gräbt den Rasen hinter dem Haus im Struhbarg 64 in Bargteheide, einer Kleinstadt 27 Kilometer nördlich von Hamburg, um. Dann kommen Fräse und Spaten zum Einsatz. Pfähle werden gesetzt, Drähte gespannt. Schließlich Hopfensetzlinge in die frisch umgegrabene Erde gepflanzt. Alles in Eigenregie natürlich. Das war den beiden Brüdern Johannes und Yannick Rehder und ihrem langjährigen Freund Paul Georg Krueger wichtig. Die drei brauen seit 1999 zusammen und machen Dinge gerne selbst. Und 2018 ist eben ein eigener Hopfengarten dran. Wobei, so ganz alleine stehen die drei mit ihrem neuen Projekt nicht da. Familie und Freunde helfen tüchtig mit. Daran hat sich bis heute nichts geändert. „Mein Vater ist andauernd hier und Freunde sind hier; alle die Zeit und Bock haben. Gerade jetzt zur Ernte kommen hier alle möglichen Leute vorbei. Ein bisschen helfen, ein bisschen schnacken und ein paar Bierchen trinken“, lacht Johannes.

Brauder

Das Team Brauder: Johannes Rehder, Georg Krueger, Yannick Rehder (Foto: Brauder)

Doch wie kommt man überhaupt auf die Idee, Hopfen so weit im Norden der Republik anzupflanzen? „Während der Hansezeit wurde um Hamburg herum viel Hopfen angebaut, lange bevor der Hopfen im Süden großflächig angebaut wurde“, weiß Johannes. „Die Hamburger konservierten mit ihm ihr Weizenbier, das sie im großen Stil exportierten. Aber irgendwie hat das irgendwann mal aufgehört. Es gibt dafür keinen wirklichen Grund. Es gab wohl mal eine Dürre und danach hat niemand mehr wieder damit angefangen.“

Hopfen? Nordisch by Nature

Tatsächlich ist nicht genau nachvollziehbar, warum genau der Hopfenanbau im Norden aufhörte zu existieren. Er verschwand einfach irgendwann. Und irgendwann auch die allgemeine Erinnerung daran, dass Hopfen sich im Norden durchaus wohlfühlt. Es ist irgendwie ähnlich wie mit dem Hamburger Weizenbier. Einst dort erfunden, verschwand es irgendwann aus dem Norden und wanderte in den Süden. Nun sind sowohl Hopfenanbau als auch Weizenbier Kulturgüter des Südens. Und der Norden erinnert sich kaum seiner Biergeschichte. Bemerkenswerterweise hat auch die Kreativbierszene im Norden bislang wenig daran geändert. Großflächig wird Brauder daran wohl auch nichts ändern. Wollen sie aber auch gar nicht. Sie wollen einfach soviel wie möglich selber machen. „Dann machen wir das einfach mal, haben wir uns gesagt“, grinst Johannes und fährt sich durch den Bart. Gesagt, getan. Den Hopfen für ihren Garten finden die drei Jungs in alten Klostergärten, in denen früher oft Hopfen angebaut wurde. „Er ist mit ziemlicher Sicherheit mit dem ursprünglichen Hopfen, der hier früher kultiviert wurde, verwand“, sagt Johannes. Neben dem nordischen Hopfen, den sie Hansehopfen nennen, kauft Brauder noch eine Handvoll Aromahopfen dazu. „Wir schauen, welche wir kriegen können und auf welche wir Bock haben“, so Johannes.

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Der Braudersche Hopfengarten. Der Hansehopfen, wie sie ihn nennen. (Foto: Brauder)

Der eigene Hopfenanbau ist zunächst also nur eine Idee, die den dreien beim Lesen alter braugeschichtlicher Dokumente aus dem Norden kommt. Aber die Idee funktioniert. Schon im ersten Jahr ernten die drei eine stattliche Menge Hopfen. Dieser wird per Hand gepflückt, dann vakuumverpackt und wandert schließlich als ganze Dolde in einen der vielen Gefrierschränke der drei Braufreunde. Halten sich die Aromen bei dieser Methode? „Das funktioniert gut“, sagt Johannes. „Man muss nur die Kühlkette einhalten. Wir merken keinen Unterschied beim Brauen zwischen dem Hopfen vom letzten Jahr und dem frischen von diesem.“

Hanseatische Hopfenernte 2019

Ein Frischhopfenbier gibt es bislang noch nicht von Brauder. „Aber wir sind im Gespräch mit Fiete von Wildwuchs, bei dem wir auch unser letztes Bier gebraut haben. Der hat auch Bock auf sowas. Da schauen wir dann mal, ob wir dieses Jahr noch zusammen ein Frischhopfenbier hinbekommen.“

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Ein freiwilliger und fröhlicher Erntehelfer bei den Brauders. (Foto: Brauder)

Insgesamt sechs Hopfensorten stehen 2019 zur Ernte bereit. Neben dem bereits erwähnten Hansehopfen ranken noch Northern Brewer, Fuggles, Cascade, East Kent Goldings und Sentanial an den Drähten im Struhbarg 64 empor. Wobei letzterer ganz neu mit dabei ist und sich noch nicht so recht traut. Lediglich ein paar zarte Triebe schauen aus der Erde hervor. Aber insgesamt sind die drei Brauer sehr zufrieden mit der Ausbeute ihres Hopfengartens. Sie brauen zwar nicht ausschließlich mit eigenem Hopfen und kaufen meistens noch Bitterhopfen hinzu, aber dennoch: „In jedem unserer Biere ist auch unser eigener Hopfen drin“, freut sich Johannes.

Weil’s Spaß macht

Warum machen sich die drei die ganze zusätzliche Arbeit mit dem Hopfengarten? „Weil’s Spaß macht. Und wir gerne Dinge ganz machen“, sagt Johannes wie aus der Pistole geschossen. „Wir sind auch im Gespräch mit einem Bauern aus der Region wegen lokaler Braugerste.“ Spätestens, wenn der Trommelmälzer von Moritz Bartmer im nicht weit entfernten Immenbeck bei Buxtehude auf dem Markt ist, könnten die Jungs dann sogar das Braumalz selbst herstellen. Klar, Regionalität, das hört man doch überall im Moment. „Aber wir machen das nicht, weil es gerade en vogue ist“, betont Johannes. „Wir machen das, weil wir es selber machen wollen. Und da muss es aus der Region kommen, damit wir nicht soweit fahren müssen.“ Ganz pragmatisch also. „Es geht mehr ums Selbermachen. Wir wollen den Hopfen zupfen, ihn dann in den Sud schmeißen, das Bier dann in die Flasche füllen, es selber aus dem Kühlschrank holen und trinken. Das ist wichtig. Und deshalb ist es auch regional.“

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Der Hansehopfen in voller Pracht (Foto: Brauder)

Na gut, alles trinken die drei mittlerweile nicht mehr selber. Nach jedem großen Sud, den die drei circa drei- bis viermal pro Jahr als Wanderbrauer brauen, organisieren sie einen Hofverkauf (Termine und Infos hier). Da öffnen sich dann an einem Samstag Gartenpforte und Garagentor im Struhbarg 64. Ein Tresen wird zwischen Garage und Hopfenranken aufgebaut und dann kommen Nachbarn und Freunde und zunehmend auch neue Besucher. Man schnackt und trinkt Bier zusammen. Am Ende schnappt man sich dann einen Sixer oder eine Kiste für zuhause. Nordisch unkompliziert eben. Und ganz nah dran: an den Rohstoffen, am Bier, an den Menschen. So soll das sein bei Brauder. Weil‘s bockt.