Chicago Williams Berlin

CHICAGO WILLIAMS BBQ: Trinken, nicht quatschen.

Nina Anika Klotz

Wie die Zeit vergeht!

Holger Groll ist seit 2015 nicht mehr Geschäftsführer des Chicago Williams BBQ. Er führt seit 2015 die The Pier GmbH.

(aktualisiert am 03.03.2020)

Nawid Samawat und Holger Groll schenken im Chicago Williams BBQ zu Pastrami und Pulled Pork verdammt gutes Bier aus. Sie bringen Craft Beer in die Szene-Gastro – ohne ein Luxus-Riesen-Experten-Ding daraus zu machen.  

Jetzt ist er in Fahrt. Am Anfang sah es so aus, als wäre Holger Groll heute nicht so fürs Reden. Das Intro hat er ganz seinem Geschäftspartner Nawid Samawat überlassen, während er sich zwei Zigaretten nacheinander angezündet, Apfelschorle getrunken und knurrig geschaut hat. Aber jetzt ist er on fire. Denn Holger Groll, Franke, Koch, Barmann und Chef eines kleinen Restaurants, will mal was klarstellen: „Gutes Bier soll ganz normal sein. Wenn hier einer reinkommt und von sich selber sagt: ‚Ich bin ein Bier-Geek‘, muss ich leider sagen: Dann kauf dir eine Kiste gemischtes Bier, geh damit nach hause und hab‘ keinen Spaß.“ Statt über einzelne Hopfensorten oder das perfekt geschwungene IPA-Glas zu philosophieren, sollte man gutes Bier doch lieber einfach nur genießen. Das gelte für alle guten Lebensmittel: Spaß dran haben. Nicht hypen und zerreden. „Über einen guten Schinken aus Spanien diskutiere ich ja auch nicht, sondern ich will den essen und genießen. Und dann maximal sagen: Was für ein geiler Schinken.“

Craft Beer, Edelbrot, alles Mist

Dabei hätten „Bier-Nerds“ durchaus Grund, sich in Holgers und Nawids Chicago Williams BBQ in Berlin-Mitte zu verirren, weil er einer von den wenigen ist, die eine eine anständige Craft Beer Auswahl bieten. Hier ist Craft Beer in der Szene-Gastro angekommen. Was Holger allerdings auch schon zum nächsten Punkt bringt: „Craft Beer. Den Begriff mag ich nicht. Das ist echtes Bier und sonst nichts.“ Das sei genauso, wie wenn irgendwelche Bäcker im Fernsehen vorgestellt werden, die jetzt „Edelbrot“ backen. Nur weil sie es selber backen! Aus guten Zutaten! Nichts daran sei edel, „echtes Brot“ sei das, sagt Holger – ein unverfälschtes Produkt, wie man es früher gemacht hat.

Als die beiden Männer 2012 das Chicago Williams BBQ in Berlin-Mitte eröffnet haben, einen  kleinen Laden mit amerikanischer Männerkost, Pastrami, Pulled Pork, Mac’n’Cheese, aber keine Burger, hätten sie den Begriff Craft Beer nicht im Kopf gehabt. „Uns war wichtig, nur kleine, private Brauereien reinzunehmen. Die machen die besten Biere und müssen unterstützt werden, sonst sterben sie“, sagt Holger Groll. In ihren Kühlschränken stehen unter anderem Schönramer IPA, Schlenkerla Rauchbier, Eichhofener Pils und das eigens für sie dort gebraut und abgefüllte Chicago Williams Hell und Dunkel.

Chicago Williams BBQ

An der Wand steht, was auf den Teller kommt. Fleisch, vor allem. Ja, vor allem Fleisch. Und dazu gutes Bier. (Fotos: NAK)

Ach ein gutes Dunkles. Völlig unterschätzt, findet Nawid. „Ich finde das geil. Dieses Karamellige. Süß und süß addiert sich, das gibt eine Geschmacksexplosion. Und nachdem wir bei vielem, unseren Ribs zum Beispiel, immer ein bisschen Zucker rangeben, passen diese süßen Biere umso besser.“ Und: „Wir packen hier Rippe ohne Knochen auf Graubrot, mit Käse und Zwiebeln überbacken, Coleslaw und BBQ-Sauce. Das hat so einen intensiven Geschmack, wenn man da noch ein Rauchbier in dem Mund dazu kippt…“ Holger: „Da fliegst du weg.“

„Bier war für mich eine Dose Pennerglück“

Holger und Nawid haben sich am Tresen kennengelernt. Nawid war nach einigen Jahren Clubgastronomie in ein paar edleren Bars in Frankfurt gelandet, kam dann zurück nach Berlin und schenkte im Lebensstern aus. Holger betrieb zuletzt eine „ernsthafte“ Bar, wie er sagt. Eine, wo man klingeln muss und sie keinen Saft in die Cocktails kippen. „Aber irgendwann packst du das nicht mehr“, erzählt Nawid, „immer bis vier, fünf Uhr morgens arbeiten und wenn dann noch ein Stammgast kommt, bist du erst um acht raus.“ Holger hat ihn zum Bier gebracht. „Für mich als Berliner war Bier ja immer nur eine Dose Pennerglück.“ Er hatte eine Art Erweckungserlebnis im Sommer 2012, als Holger ihn mit in seine Heimat zu einem Brauereifest in Franken nahm. „Das war der Wahnsinn“, erzählt Nawid, „diese Vollidylle und alle trinken Bier, sind fröhlich und essen Stockerlfisch.“ „Steckerlfisch“, korrigiert Holger. Hört Nawid aber nicht und schwelgt ungebremst weiter: „Und diese grobe, frische Bratwurst! Den ganzen Abend habe ich Dunkles vom Fass getrunken.“

„In den nächsten Monaten und Jahren müssen wir aufpassen, dass nicht alle nur noch obergärig saufen, weil’s gerade hip und cool ist“, sagt Holger. „Wir haben hier in Deutschland die besten Hellen und das darf nicht in Vergessenheit geraten.“ Und überhaupt: „Bier war nie ein Luxusgut und man muss es auch nicht dazu erheben.“