Blech.Brut

BLECH.BRUT: Mönchsambach, Berlin, London, Paris

Thomas Redders

Der Franke Benedikt Steger will mit seinem „Lockvogel“ Normal-Helles-Trinker zu etwas anderen Bieren verführen. Und für alle, die da bereits angekommen sind, hat er auch schon ein paar lohnenswerte Biere von Blech.Brut in der Dose. Der Dose, die wortwörtlich ein kleines Kunstwerk ist.

Eigentlich wollte Benedikt Soziologie studieren. Er entschied sich dann für Sports Engineering. War aber auch nicht das Richtige.  Überhaupt ein Studium… nä. Erstmal zurück in die Heimat, ein bisschen Geld verdienen. Und wie es der Zufall so will, haben Benedikt und seine Arbeitskollegen ihre Mittagspause oft in einem Braugasthof verbracht – und er war angetan: Bier! Jawohl, Bier ist es! In genau diesem Braugasthof hat Benedikt wenig später seine Ausbildung zum Brauer und Mälzer angefangen: in der Brauerei Zehendner in Mönchsambach.

Die Ausbildung in der Tasche ging es erstmal nach Berlin, um den Diplom-Braumeister zu machen. Berlin mag er besonders. Benedikt sagt heute wie damals: „Ich wollte einfach nach Berlin. Berlin war meine Stadt.“ Jetzt hatte Berlin aber zu der Zeit – wir reden vom Jahr 2012 – einfach noch nicht so viele neue, spannende Brauereien zu bieten. Viele aus dem Abschlussjahrgang haben erstmal bei Zulieferern angefangen. Benedikt nicht. Für ihn ging es nach London.

Benedikt Steger Blech.Brut

Der Gründer von Blech.Brut: Benedikt Steger! (Foto: Blech.Brut)

Benedikt, du hast deinen ersten Job nach dem Diplom-Braumeister in London gefunden. Und das eigentlich nur, weil Berlin in dem Bereich damals kaum was zu bieten hatte. Wie hat dir London gefallen und was hast du aus der Zeit mitgenommen?

Das war eine super Erfahrung für mich und hat mich sehr weitergebracht. Ich habe ganz tolle Leute kennengelernt. Und ich habe gelernt, wie man’s nicht macht. Aber das waren in jeder Hinsicht gute Erfahrungen und für mich das Beste, was ich hätte machen können.

Wo genau hast du angefangen?

Bei der London Fields Brewery. Die Brauerei, so wie sie war, gibt’s heute aber nicht mehr. Die haben irgendwann angefangen Lohn zu brauen und der Besitzer war ein Krimineller. Er war so ein Public-School-Kid, also aus einer reichen Familie, und hat im größeren Stil Drogen an Londoner B-Klasse-Celebrities verkauft. Dafür war er dann auch im Gefängnis, wo er die Idee mit der Brauerei hatte. Nach zwei Jahren haben sie ihn dann wegen Steuerbetrugs verhaftet. Aber es gab eben auch Gutes. Ich habe zwei Amerikaner (Anm. d. Red.: Todd Matteson und Thomas Palmer) kennengelernt. Die sind mittlerweile auch schon ein paar Jahre in London mit ihrer eigenen Brauerei, der Mondo Brewing Company, erfolgreich. Das sind sehr gute Freunde mit denen ich immer noch regen Kontakt habe.

Die Beiden haben mir eine Stelle in Paris vermittelt. Da war ich die letzten drei Jahre und habe eine Brauerei mit aufgebaut – die Paname Brewing Company. Als wir dort mehr Kapazitäten brauchten, habe ich für sie bei der Camba in Gundelfingen gebraut. So war ich eben mit Enzo (Anm. d. Red.: Enzo Frauenschuh, Gründer von Frau Gruber und Braumeister der Camba Old Factory) schon relativ lange in Kontakt und kannte die Anlage. Daraus hat sich dann auch Blech.Brut entwickelt.

Du hast mit Blech.Brut in diesem Jahr im April 2018 erst angefangen?

Genau. Aber da ging’s noch nicht wirklich los. Da habe ich erstmal das Unternehmen Blech.Brut gegründet. Ich war zu der Zeit noch in Elternzeit und konnte die Sachen etwas vorbereiten. Dann, als die Elternzeit vorbei war, habe ich das zu meinem Hauptberuf gemacht. Das hat einfach den Grund, dass man wirklich schauen muss, dass auch Geld reinkommt, damit du dir selber auch ein Gehalt zahlen kannst. Ich wollte mich zu 100% damit befassen und nicht nur nebenberuflich.

Also betreibst du Blech.Brut im Moment noch ganz alleine?

Ja. Ich war lange auf der Suche nach jemandem, der sich um den Vertrieb und die Vermarktung kümmert. Das ist nicht unbedingt mein Gebiet. Aber ich habe ehrlich gesagt niemanden gefunden. Im Moment bilden sich einige Synergien mit Partnern, die sich definitiv ausbauen lassen – und das ist schön!

Wie viel hast du in diesem ersten Jahr gebraut?

Inzwischen sind es etwa 11 Sude á 20 Hektoliter. Die sind aber auch noch nicht alle verkauft. Also ich denke, wenn Blech.Brut im nächsten Jahr 400 Hektoliter braut, wäre das schon relativ viel!

Und du bist zum Brauen einfach in Gundelfingen bei Camba geblieben?

Genau, ich komme sehr gut mit Enzo zurecht und er ist inzwischen mehr Freund als Arbeitskollege. Ich bin froh, dass ich ihn habe! Man kann sich auf ihn verlassen und er unterstützt einen, wo er kann. Wenn du eines seiner Biere getrunken hast, weißt du, wovon ich rede. Ich braue selber, bin aber trotzdem auf ihn angewiesen. Gundelfingen ist gute zweieinhalb Stunden von Bamberg entfernt, da kann man nicht jeden Tag vor Ort sein.

War das der Grund, warum du dich für Gundelfingen entschieden hast, trotz der Entfernung?

Brauen könnte man hier in Bamberg schon. Aber es in die Dose zu bekommen, wäre schwierig. Wobei ich dazusagen muss, dass die Dose gar nicht unbedingt mein Wunsch war. Aber mit dem Brut beziehe ich mich auf die Art Brut (Anm. der Red.: „rohe Kunst“, Kunst von Autodidakten). Es soll in gewisser Weise ein Kunstprojekt sein. Ich will mit verschiedenen Künstlern die unterschiedlichen Serien gestalten. Unter dem Aspekt kann man mit der Dose deutlich besser arbeiten. Aber das Projekt ist auch weitläufig und es wird auch irgendwann in die Flasche gehen. Dann kann man das Ganze auch Glas.Brut nennen. Ich sehe da gar kein Problem.

Bis jetzt sind aber alle deine Dosen von einem Illustrator?

Genau. Und das hat den Hintergrund, dass man am Anfang vor allem einen Wiedererkennungswert braucht. Und wenn man ehrlich ist, kann man sich nur unter dem Namen nicht viel vorstellen. Das ergibt eher Sinn, wenn Leute, die das interessiert, auch hinterfragen. Und das Projekt ist noch jung. Also bei Omnipollo zum Beispiel hat man bei 50 Gebinden 50 verschiedene Etiketten. Da weiß der Laie nicht, dass das eine Marke ist. Und das ist eigentlich schon auch schön.

Wer hatte letztendlich die Idee, die Marke Blech.Brut zu nennen?

Das war die Idee von einem Berliner Freund. Er fand die Dose gut und wollte das auch künstlerisch umsetzen. Nur wäre ich dann bis jetzt noch nicht auf dem Markt (lacht). Ich hätte das tatsächlich sehr, sehr gerne auch so gemacht, wie er sich das vorgestellt hat. Aber das wäre nicht umsetzbar gewesen – also weder finanziell noch zeitlich.

Was war die ursprüngliche Idee?

Er wollte damit zu einem Kupferstecher und wollte die Dose als Kunstwerk wirklich in den Mittelpunkt stellen. Und das Ganze dann auch stark limitieren.

Blech.Brut Dosen

Die erste Serie von Blech.Brut: Lockvogel, Doldensau und Wildkatze! (Foto: Blech.Brut)

Du hast bislang mit Blech.Brut zwei IPAs und ein hopfenbetontes Lager gebraut und abgefüllt. Legst du auch bei kommenden Serien dein Hauptaugenmerk auf hopfige Biere, oder willst du mit einem neuen Künstler auch ganz andere Biere brauen?

Ich bin ein großer Hopfenfan. Da kenne ich mich auch relativ gut aus. Ich habe damit einfach viel experimentiert. Deswegen wird wahrscheinlich immer viel Hopfen dabei sein. Aber in einer anderen Serie gibt’s auf jeden Fall eine andere Betonung. Es wird demnächst deutlich mehr Augenmerk auf verschiedene Hefekulturen und auch Bakterienstämme gelegt.

Die erste Serie hatte auch noch einen anderen Hintergrund, vor allem das stärker gehopfte Lager. Ich habe es extra Neo-Lager genannt, weil ich damit frischen Wind in das typische deutsche Lager bringen wollte. Gerade aus Bamberg kommen viele, hervorragende Lagerbiere. Die sind wirklich gut, aber eben alle auch sehr, sehr ähnlich. Ich will das gar nicht schlecht reden.

Aber wenn man ein bisschen weg war und wiederkommt, merkt man, dass sich da einfach nichts getan hat. Und da wird sich auch in den nächsten 100 Jahren nichts tun. Ich wollte eigentlich zeigen, was auch mit den neuen deutschen Hopfensorten möglich ist und so einen Gegenpart schaffen. Das war also eigentlich vielmehr der Grund für das hopfenbetonte Lager.

Woher kommt der Bezug zu den besonderen Tieren auf deinen Dosen?

Die Idee der ersten beiden Biere war, sie Lackaffe und Lockvogel zu nennen. Lockvogel, da das leichtere Lager als Übergang vom normalen Biertrinker zum interessierten Kreativbiertrinker dienen sollte. Das IPA war dann wirklich was für den erfahreneren Biertrinker – also was Leichtes zum Einstieg und einen Lackaffen für den, der das Kreativbier schon kennt. Und da bin ich zufällig auf Julian Opitz, meinen Illustrator, gestoßen.

Blech.Brut Dose

Kunst auf der Dose! (Foto: TR)

Der Lackaffe ist aber dann doch keiner geworden, oder kommt der noch?

Also den gibt’s schon, aber noch nicht in meinem Sortiment. Weil er wirklich, ich will nicht sagen sexistisch war, aber es war ein Lackaffe, wie du ihn dir vorstellst – ein Gorilla, in engem, rotem Lack. Und mit zwei Illustrationen (Anm. d. Red.: Lockvogel und Lackaffe) in die eine Richtung wollte ich da eigentlich nicht anfangen. Das fand ich ein bisschen zu riskant. Daher gibt’s erstmal die Doldensau.

Wie sieht’s mit der eigenen Brauerei aus?

Das ist noch ein bisschen zu früh. Es braucht relativ viel Kapital. Aber eine eigene Brauerei ist und sollte bei einem solchen Projekt immer das Ziel sein. Ich hätte bei meinen Eltern – also ich bin auf dem Dorf auf einem Bauernhof groß geworden – Platz. Und da wird auch früher oder später, vielleicht auch nur in klein, eine Brauerei entstehen. Und dann kann man sich daraus ja auch weiterentwickeln.

Wie sähe deine Traumbrauerei aus?

Da bin ich froh, dass ich bei Stefan (Anm. d. Red.: Stefan Zehendner, Brauerei Zehendner) in Mönchsambach gelandet bin und die essentiellen Grundlagen hier lernen konnte. Gewissermaßen entspricht das schon zum größten Teil meiner Traumbrauerei. Ich finde, dass man ab einem gewissen Punkt nicht mehr wachsen sollte. Ich finde dieses immer nur auf Wachstum ausgelegt sein, ergibt keinen Sinn. Man muss irgendwann die Grenze finden. Das ist ein Punkt, den man für sich selber finden muss. Hier in Bamberg sind 10.000, 20.000 Hektoliter schon eine ganze Menge Bier.