Manchmal fragt das Leben nach: Alles gut, wirklich? War da nicht noch was? Meistens gehen diese Fragen unter im Alltagslärm, im Stress oder im Rausch. Oliver Wesseloh hat das Leben diese Fragen etwas deutlicher gestellt als den meisten von uns. Durch den Unfall, den seine Partnerin im Mai vergangenen Jahres bei einer Tour in den USA hatte. Er habe durch den “krassen Unfall der Liebe meines Lebens angefangen, einiges neu zu bewerten”, hat Olli vor einigen Tagen mitgeteilt. Er “musste feststellen“, dass ihm seine „Tätigkeit in den letzten Jahren in dieser Form und Rahmen keine Freude mehr bereitet und ich meine Kreativität nicht mehr so ausleben kann, wie es mir guttut”.
Raus in die Welt und zurück in den Heimathafen Hamburg
Pünktlich zu Ostern nun hat Olli Wesseloh die Nachfragen des Lebens für alle deutlich vernehmbar beantwortet: Er will sich “neuen Herausforderungen widmen”. Offiziell hat seine zusammen mit Julia Wesseloh 2012 gegründete Kehrwieder Brauerei mitgeteilt: “Raus in die Welt und zurück in den Heimathafen Hamburg – dafür stehen wir, dafür steht Kehrwieder seit Gründung. Dabei gilt es auch, immer wieder Neuland zu betreten, mutig zu sein, Veränderungen zuzulassen und neue Chancen zu ergreifen.”
Kooperation mit der Insel Brauerei Rügen
Die Frage, was das konkret bedeutet, beantwortet Oliver Wesselohs Exfrau und Geschäftspartnerin in der Kehrwieder-Mitteilung so: “Wir setzen noch stärker auf Kooperationen, als wir es in der Vergangenheit bereits getan haben. Unsere Reise führt nach Rügen zur Insel Brauerei, die sich künftig in enger Zusammenarbeit mit uns um die Produktion unserer Biere kümmern wird. Auch im Vertrieb werden wir uns in Zukunft gemeinsam für die Biervielfalt starkmachen.”
“Selbstverständlich” bleibe Kehrwieder aber ein Hamburger Unternehmen. Am derzeitigen Standort werde “weiterhin das Lager und der Vertrieb organisiert, es wird Braukurse, Verkostungen und weitere Events geben”. “Außerdem verfolgen wir mit ungebrochener Leidenschaft den Traum einer eigenen Biererlebniswelt mit Sudhaus und Schankraum mitten im Herzen Hamburgs”, heißt es weiter. Der Plan, die Brauerei vom Stadtrand in eine alte Feuerwache im südlichen Hafen Harburg zu verlegen, “ist abgesagt”, erklärt Olli. “Julias Thema” sei nun der zentrumsnahe Standort.
Julia Wesseloh führt die Geschäfte alleine
“Während sich künftig auf Rügen ein erstklassiges Team um das Brauen unserer Biere kümmert, zieht es Gründer und Geschäftsführer Oliver Wesseloh wieder raus in die Welt. Er tritt aus der Geschäftsführung aus, um wieder vermehrt im Namen des kreativen Bieres unterwegs sein zu können, um neue Inspirationen zu bekommen, Erfahrungen und Ideen zu sammeln und seine Kreativität ausleben zu können. Davon werden wir am Ende alle etwas haben. Olli ist der kreative Kopf hinter den Rezepten für unsere international prämierten Kehrwieder Biere, und so wird der Diplom-Ingenieur für Brauwesen immer in unseren Heimathafen Hamburg zurückkehren und neue Rezepte kreieren”, teilt Julia Wesseloh mit. Sie übernimmt die alleinige Geschäftsführung der Kehrwieder Kreativbrauerei GmbH.
Oliver Wesseloh bleibt Kehrwieder-Gesellschafter
Oliver Wesseloh formuliert es so: “Nachdem bei Kehrwieder mehrheitlich beschlossen wurde, auf Produktions- und Vertriebsseite künftig eng mit der Insel Brauerei zu kooperieren, kann ich mich nun beruhigt neuen Herausforderungen widmen. Denn ich weiß, dass nicht nur das herausragende Team auf Rügen, sondern auch der beste Geselle, den ich jemals ausbilden durfte – Konstantin Pjotr Kropotkin – und das großartige Kehrwieder-Team in Hamburg sich um die gleichbleibend herausragende Qualität unserer Biere kümmern und unsere Erfolgsgeschichte fortschreiben wird.”
Auch wenn er sich nun aus seiner aktiven Rolle zurückziehe, bleibe er, wie er sagt, “selbstverständlich weiterhin Gesellschafter meiner Kehrwieder Kreativbrauerei GmbH” – und er werde “voraussichtlich auch in Zukunft die neuen Kehrwieder-Rezepte entwickeln und mein geliebtes Barrel Ageing Programm weiter begleiten”.
Olli unterstützt BrauKon
Mit seiner Nordlichtbrauer GmbH werde er auch in Zukunft als Biersommelier tätig sein, Brauereiberatung mit dem Fokus auf Produktentwicklung anbieten und auch hier vielleicht den einen oder anderen Collab-Sud brauen. “Und nachdem ich vorerst kein neues Sudhaus in Hamburg bauen kann, freue ich mich umso mehr zu dem Sudhaus zu ziehen, das es geworden wäre, und im wunderschönen Chiemgau, nicht weit von der Heimat meiner wundervollen Moni Atzl entfernt, den besten Brauerei-Anlagenhersteller der Welt – BrauKon – unterstützen zu dürfen. Und dort vielleicht auch mal dem Mega-Team von Camba Bavaria ,reinpfuschen’ zu können”, schreibt Olli.
Die vergangenen zwölf Monate seien für ihn “eine echte Achterbahnfahrt, geprägt von Höhen und Tiefen, die ich so noch nicht in meinem Leben erfahren habe”, gewesen.
“So konnten wir bei Kehrwieder mit sehr viel Stolz zehn Jahre Prototyp – und sogar 12 Jahre Kehrwieder wenn wir bis zum Startschuss zurückblicken – feiern und wurden direkt im Anschluss von der Sierra Nevada Brewing Co eingeladen, den offiziellen Gemeinschaftssud 2023 zusammen mit einem meiner besten und engsten Freunde, Scott Jennings, in Mills River einzubrauen. Ein Traum, von dem ich niemals geglaubt hätte, dass er mal wahr werden könnte, denn Sierra Nevada ist die Brauerei, die mich am meisten in meinem Leben inspiriert und die ich in jeder Hinsicht verehre”, fasst Oli zusammen.
“Ich möchte jetzt nicht arrogant klingen”, sagt er, “aber irgendwie habe ich persönlich auf diesem Weg alles erreicht, was ich für mich erreichen konnte.” Die Nachfragen des Lebens kamen also zu einem guten Zeitpunkt.
(30. März 2024)