BIER UND CORONA (Teil 1) – Arsch auf Grundeis

Nina Anika Klotz

Über Bier in Zeiten der Corona-Krise? Kurz gesagt: Es. Ist. Mist. Großer, großer Mist.

Keiner weiß, was nach Corona kommt. Überhaupt weiß man ja noch nicht einmal, wann dieses „nach“ anfangen wird. Wir stecken mitten drin in einer historischen Krise, über deren Folgen man nur spekulieren kann, Experten auf Basis ihres Wissens vage Voraussagen treffen. Es geht um Folgen, die jeder für sich fürchtet oder es schafft, sie ohne Angst abzuwarten – aber was diese Krise wirklich nach sich ziehen wird, weiß keiner. Wen es trifft. Und wie.

Krisenopfer Braubranche

Aber völlig klar ist: Die Bierbranche hat es voll erwischt.

Zuallererst traf die Corona-Krise den Veranstaltungsbereich. Feste, Messen, Fußballstadien. Alles, wo viel Bier getrunken wird. Dann die Gastronomie. Kneipen, Bars und Restaurants. Alles, wo viel Bier getrunken wird. Und dann kam der Einzelhandel dazu, also zumindest der, der nicht lebensnotwendige Güter anbietet. Alles, wo etwa ganz besondere, exklusive, seltene Biere verkauft werden. Na, und dann fielen auch noch die Fußball EM (die deutschen Brauern ein geschätztes Umsatzplus von gut 15 gebracht hätte) und die Wiesn (mehr als 7 Millionen Liter Bier, die schlicht gar nicht getrunken werden werden).

Nicht ganz klar vielleicht ist allerdings, was „voll erwischt“ für Brauerinnen und Brauer, Bierhändlerinnen und Händler, Bierbarleute bedeutet: das Ende, nämlich, im schlimmsten Fall. Und wenn’s blöd läuft ist der kein Einzelfall.

Umsätze auf fast Null bei Manchen

Das unmittelbarste Problem ist freilich der plötzlicher Umsatzeinbruch. Schnitt macht die Gastronomie etwa 20 Prozent des Umsatzes einer Brauerei aus – der nun und bis auf Weiteres auf Null gesunken ist. Es gibt aber auch Brauereien, bei denen die Gastro 80 Prozent und mehr ausmacht. Man denke etwa an Gasthausbrauereien. Dazu kommen die ungewissen Aussichten: Nicht nur der Dehoga fürchtet „irreparable Schäden“ – sprich das Aus für viele Gaststättenbetriebe in der mittelfristigen Folge der Corona-Krise. „Gastwirte können nach der Krise nicht einfach ihre Produktion hochfahren, um entgangenen Umsatz zu kompensieren. Jedes Essen und jedes Getränk, das sie heute nicht verkaufen, werden ein paar Wochen später nicht zusätzlich bestellt werden“, sagt Holger Eichele, Geschäftsführer des Deutschen Brauer Bundes. Nicht wenige Gastwirte hätten bereit Insolvenz angemeldet. Bei anderen ist es eine Frage der Zeit. Mit jedem Tag Zwangsschließung verlieren Gastronomen Geld. Das ist dann ein langfristiges Problem für Brauereien und alle anderen Getränkeproduzenten, die Clubs und Kneipen zu ihren Kunden zählen.

Genauso ist aber auch der Export eingebrochen. Schon im Februar, als das neuartige Coronavirus noch ein auf China beschränktes Problem zu sein schien, ging der deutsche Bierexport um 1,6% zurück. Im März fielen dann 8,2% weg. Mit fast 3,4 Mio. Hl pro Monat ist Italien der Exportmarkt Nummer Eins für deutsches Bier. Danach kommt China. Mit beiden Ländern findet derzeit kaum Handel statt.

Bier ist nicht systemrelevant

Darüber hinaus mag es auch mittelbare Folgen haben, das alles, was mit uns und dieser Welt gerade passiert. Denn bei aller Liebe zum Guten Bier muss man ja dennoch ehrlich gestehen, dass gutes Bier ein Luxusprodukt ist – und damit etwas, auf das man wohl verzichten kann, wenn man verzichten muss. Und wer weiß, wie viele Menschen in Folge der Coronakrise auf vieles werden verzichten müssen. Weil sie über lange Zeit Verdienstausfälle hatten. Weil ihre Unternehmen es nicht geschafft haben. Weil sie Kulturschaffende sind. Warum auch immer das Geld knapper sitzt als zuvor.

Und damit hat die Bierbranche zu kämpfen. Die Craft Beer Szene kämpft ums Überleben.

Strampeln, machen, tun

Um so anerkennenswerter ist es, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer aus dieser Branche schnell gehandelt haben. So gut es eben geht: Quasi über Nacht wurden aus Bierbars Getränkeleferanten, aus Bottleshopbetreibern Onlinehändler, aus Brauern Bierfahrer. Und viele hatten viele gute Ideen, den Cash Flow so gut es nur geht im Fluss zu halten: Gutscheine und Bierabos, Crowdfunding, Rabattaktionen.

Wir haben in unseren Social Media Kanälen gesammelt und geteilt, welche Bierbetriebe wie unterstützt werden können. Freilich ist das nur eine kleine Auswahl von möglichem Support für die (Craft)Bierwelt. (Wir sammeln und wir teilen auch weiter, schreibt uns an redaktion@hopfenhelden.de, was die Krise für Euch bedeutet und wie man Euch unterstützen kann!)

  • Simian Ales bietet einen 10% Discount auf das Angebot im Webshop.
  • Das Beereau leert das ganze Lager, helft mit!
  • Hanscraft liefert in der Region nach Hause.
  • Motel verschickt tolle Uppers&Downers Pakete
  • Herr Max und Frau Hopfen setzten, jetzt wo der Braugasthof zu ist, auf den regionalen Einzelhandel
  • BRLO liefert und hat einen Werksverkauf eingerichtet
  • Kreativbrauerei Kehrwieder gibt Prozente im Onlineshop und Unterstützt mit Helfer mit alkoholfreiem Bier
  • Das Lager Lager beliefert Berliner
  • Die Maxbrauerei bietet „kontaktlosen“ Bierverkauf
  • Die Biererei fährt Bier auch aus
  • Schwarze Rose haut ein taufrisches IPA online raus
  • Das Muted Horn bringt Bier fast bis auf die Couch
  • Heidenpeters gibt’s an einem Marktstand in der Markthalle IX
  • Fein&Herb erweitert das Onlineangebot mit feinen Allgäuer Spezialitäten
  • Orca Bräu versendet anything anywhere
  • Berliner Berg unterstützt die Berliner Clubs
  • Die Bieraterie liefert im Raum Garmisch ein Hometasting-Set
  • Barth-Haas sucht spontane Helfer in den Hopfengärten
  • David Hertl fährt sein Bier persönlich aus
  • Hopfengarten, Bambergs kleinste Brauerei setzt auf Unterstützung per Crownfunding
  • Die Two Fellas verkaufen so lange der Laden dicht ist Gutscheine für später
  • Wer bei Mashsee kauft, spendet automatisch für die Hannoveraner Gastro
  • Die Brauerei Heller in Köln verkauft ab Rampe
  • Bei der Bierothek Essen kann man Bierpakte zu Corona-Helfern schicken lassen
  • Brauder Bier macht Hofverkauf
  • Tilman liefert per Fahrrad
  • Daubringer Hällchen gibt im Webshop 20%
  • Wildwuchs liefert in HH freu Haus
  • Die Munich Beer Mafia liefert in München selbst aus
  • Thorsten Schoppe hat Unterstützer Abos geschaffen

Das Ding ist: Gerade jene Betriebe, die besonders handwerklich arbeiten, bei denen das meiste Herzblut drinsteckt, deren Biere uns oft am besten schmecken, haben meist den kleinsten Puffer. Denen geht in einer Krise wie der der diesen der Arsch ziemlich schnell auf Grundeis. Mit Umsätzen kann man ihnen helfen.